Heute vor 50 Jahren, am 05.08.1962, verstarb die einzig wahre Queen of the Silver Screen Marilyn Monroe unter bis heute unbekannten Umständen. Wurde sie wegen einer Affaire mit dem US-Präsidenten Kennedy ermordet, hat sie Selbstmord begangen, war es ein unglücklicher Dosierungsfehler oder eine unbedachte, aber fatale Mischung verschiedener Medikamente? Ich denke wir werden es niemals erfahren, aber eines ist sicher: Egal wie und warum Marilyn Monroe, die unter dem Namen Norma Jean Baker aufwuchs, gestorben ist, sie wird auf immer und ewig die größte Ikone der Filmgeschichte sein. Heute dürften ganze Wellen mit Bezug auf die schöne Marilyn Monroe über uns hereinbrechen: Nachrufe, Dokumentationen, die schönsten Filme, der unvollendete Film. Warum mache ich mir also die Mühe pünktlich zur Todestunde darüber zu schreiben?

Sexy Marilyn
Meine Marilyn
Ich kann es nicht mal begründen, warum ich mir diese Mühe mache. Wer mich kennt weiß, dass es bei mir zu Hause nur wenige Ecken gibt, in denen Marilyn Monroe nicht präsent ist. Im Wohnzimmer hängen zwei große Bilder, auf denen sie im Mittelpunkt steht, die DVDs sind passend in das Regal einsortiert, um das Cover der Collectors Edition von Das verflixte 7. Jahr (The 7th Year Itch) – das fliegende weiße Kleid – optimal in Szene zu setzen, das Bücherregal im Flur ist mit einem Hollywood-Buch dekoriert, auf dem ihr Portrait zu sehen ist und in meinem Hobbyzimmer findet man neben einem bedruckten Paravent ein gerahmtes Repro-Autogramm, ein großformatiges, gerahmtes Poster, eine Picture-LP und eine ganze Menge kleine Memorabila, die ich mit der Zeit gesammelt habe. Ja, ich bin ein wenig fixiert, aber solange meine herzallerliebste Frau mir diese eine Schwärmerei zugesteht, hab ich auch kein schlechtes Gewissen. „Schließlich ist sie ja tot. Da muss ich mir keine Sorgen machen.“ (O-Ton von Frau Spontanbesorger – liebenswert) 🙂

Eine Picture-Disk und ein altes Kinoprogramm
Marilyn Memorabila
Etwas verrückt bin ich ja schon. Vor kurzem habe ich beispielsweise ein Autogramm gekauft, welches möglicherweise sogar echt sein könnte. Ich war schon lange heiss auf eine echte Unterschrift von Marilyn Monroe, aber gerade auf ebay findet man entweder nur Repros, extrem teure, dafür aber zertifizierte Autogramme und ne ganze Menge Fälschungen. Ich habe mittlerweile zumindest ein Auge für offensichtlich falsche Monroe-Signaturen und konnte hier keine Makel erkennen, auch wenn man nie vor Sekretärsunterschriften sicher ist. Das Mädchen auf dem Foto scheint mir zwar nicht Norma Jean zu sein, aber die Unterschrift ist zumindest gut gemacht. Ich rede mir einfach ein es wäre echt und erfreue mich zumindest an der Illusion.
Neben den Ausstellungsstücken in Wohnzimmer, Flur und Hobbyraum besitze ich diverse alte Filmprogramme, einige alte Postkarten und Aushangfotos, sowie diverse Biographien und Bildbände. Des weiteren habe ich in diesem Sommer endlich den Katalog der großen Marilyn Monroe Auktion von Christies ergattern können. Ich glaube nicht, dass es ein vollständigeres Werk gibt, wenn es um die verschiedenen Outfits und Assescoires der Schauspielerin geht und alleine wegen der zahlreichen seltenen Fotografien war dieser gebundene Wälzer jeden Cent wert. Erst im vergangenen November ist dieser Katalog noch für 130 Euro weggegangen, während ich das Glück hatte den Zuschlag für weniger als 70 Euro zu bekommen 🙂 Bei einer echten Auktion dieser Art wäre ich natürlich auch gerne mal dabei, nur um echte Stücke aus ihrem Besitz einmal sehen zu können. Laut Katalog wären die Stücke allerdings kaum bezahlbar. Die Mindestgebote lagen im Jahr 1999 bei den günstigsten Stücken bei 2000 – 4000 US-Dollar. Eine im Film „Fluss ohne Wiederkehr“ getragene Jeans startete bei läppischen 30’000 US-Dollar. Für das Kleid, das Marilyn bei ihrem berühmten Geburtstagsständchen für Kennedy trug wechselten 1300000 (1,3 Millionen) Dollar den Besitzer. Kleingeld!

Hollywood – ohne Marilyn undenkbar
Movieikone Marilyn
Was aber macht Marilyn Monroe zu meiner ewigen Favoritin? Da wäre erstmal das Offensichtliche: She’s damn hot! Sie ist ganz sicher die Frau, die meine Vorstellung von einer wunderschönen Frau als erstes und damit entscheidend geprägt hat: Platinblond, sinnliche Augen, verführerischer Mund und vollkommene Rundungen an einem Körper, der nicht vom Schlankheitswahn zerfressen wurde. Nahezu jeder Film, in dem sie eine Haupt- oder Nebenrolle hatte, hat genau diese Attribute herausgestellt. Sie wurde seit der ersten Filmrolle auf das Muster der blonden Sexbombe festgelegt. Gibt es Männer (oder Frauen), die das Aussehen von Marilyn Monroe nicht idealisieren? Genau das ist es, was eine echte Ikone eben ausmacht. Zeitlose Schönheit als Ideal, die über Moden und Epochen uneingeschränkt bestehen bleibt. Doch Marilyn hatte mehr als ihr Aussehen und ein paar Stereotypen zu bieten.
Da war beispielsweise Ihre warme, unverwechselbare Stimme. Sie war in der Lage jeglichem Schmachtfetzen Erotik einzuhauchen und flotte Jazznummern rotzig zu interpretieren. Auch wenn Marilyn Monroe nie ein Musicalstar war, hat sie in vielen Filmen, in der sie zur Hauptbesetzung gehörte auch die eine oder andere Nummer gesungen. Stücke wie I wanna be loved by you, Diamonds are a girls best friend oder das Geburtstagsständchen für John F. Kennedy sind auch nach mehr als einem halben Jahrhundert jedermann bekannt. Für die jenigen, die Marilyn noch nicht für sich entdeckt haben, gerne mal einen „alten Schinken“ gucken und sich von ihrem Gesangstalent überzeugen wollen, sollten sich den Film Machen wir’s in Liebe (Let’s Make Love) anschauen. In diesem Film, der auch ihre letzte Komödie war, liefert sie meiner Meinung nach ihre beste Leistung ab.

Ein wahrscheinlich unechtes Marilyn Autogramm, aber was soll’s
Mensch Marilyn
Soweit kennt sich jeder aus, der ein wenig Interesse an alten Filmen hat, und für die meisten Filmfreunde sind das mehr als genug Gründe, an der Ikone Marilyn festzuhalten. Als solche hätte sie bei mir allerdings nur als Dekoration eine Daseinsberechtigung und das ist mir zu wenig. Über die Jahre habe ich mich immer mehr für den Menschen Marilyn interessiert und habe Dinge über sie gelesen, die mich beeindruckt, bewegt und zum Teil geschockt haben. Hinter dem ewig perfekten Lächeln wurde eine intelligente Frau verborgen, die schon von Kindheitstagen an genau wusste, was sie wollte. Ja, ich habe „wurde verborgen“ geschrieben, denn es war nicht ihre Idee auf die Rolle des sexy Dummchen festgelegt zu werden. Sie wurde vielmehr durch die 20th Century Fox gezwungen, ausschließlich diese Rolle zu mimen und diese auch an die Öffentlichkeit zu tragen. Eine echte, dumme Blondine verkauft sich eben besser, als eine, die nur so tut. Immer wieder versuchte sie aus den Verträgen auszubrechen, um auch andere Filme zu drehen und als ernsthafte Schauspielerin wahrgenommen zu werden. Den ersten Schritt in die künstlerische Freiheit war die Gründung der Marilyn Monroe Productions Inc., von der sie 51% besaß. Dieser für damalige Zeit skandalöse Vorgang führte zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Fox, bei der es neben dem mutmaßlichen Vertragbruchs auch um das Honorar für Das verflixte 7te Jahr ging. Marilyn bekam Recht, ihr Honorar und die Möglichkeit einen neuen Vertrag auszuhandeln. Mit dem neuen Vertrag in der Tasche bekam sie das Recht ihre Rollen freier auszuwählen und diese umschreiben zu lassen. Außerdem ruhte sie sich nicht auf ihrem Ruhm aus. 1956 brach sie ihre Zelte in Hollywood ab und zog nach New York, um dort als eingeschriebener Student bei Lee Strasberg, der seither gemeinsam mit seiner Ehefrau großen Einfluss auf Monroe hatte, Schauspielerei von Grund auf neu zu erlernen. Diese New Yorker Jahre gaben ihr zudem die Gelegenheit etwas zur Ruhe zu kommen und ein wenig Anonymität zu genießen. Bei einer befreundeten Familie untergekommen kümmerte sie sich um deren Kinder, brachte sich in den Haushalt ein und war buchstäblich das Mädchen von nebenan.

Das letzte Abendmahl etwas anders
Sie sehnte sich nach dieser Art von Geborgenheit, hatte sie doch nie eine richtige Familie. Als uneheliches Kind wurde sie an Nachbarn abgeschoben, später gezwungenermaßen wieder zu Mutter zurückgegeben, wahrscheinlich vom Pflegevater misshandelt und bereits im Alter von 16 Jahren verheiratet. Privat lief es für Marilyn eigentlich nie wirklich gut. Die erste Ehe wurde nach vier Jahren einvernehmlich geschieden und sie schlug sich als Fotomodell und Pinup-Girl durch. Ihre gesamte Energie floß in die Karriere und je weiter sie kam, desto mehr musste sie ihre Persönlichkeit zurückstellen. Die zweite Ehe mit dem Baseballstar DiMaggio scheiterte am Image der Sexikone, besiegelt durch die Dreharbeiten an der Szene mit dem wehenden Kleid, bei der DiMaggio anwesend war und wegen der anzüglichen Rufe von Passanten und der Reaktionen Marilyns wütend das Set verließ. Die dritte Ehe mit dem intellektuellen Autor Arthur Miller, für den Marilyn sogar zum Judentum konvertierte, ging ebenfalls zu Bruch. Fehlgeburten, die heute von Verschwörungstheoretikern als von Studiobossen angeordnete Zwangsabtreibungen dargestellt werden, Psychotherapien, steigender Tablettenkonsum und Unzuverlässigkeit am Drehset überschatteten den strahlenden Stern, der Marilyn Monroe für die Öffentlichkeit zu sein hatte. So ist sie in meinen Augen die schönste, aber auch tragischste Figur, die es jemals in Hollywood gegeben hat und auch wenn ich ihre Filme, ihre Musik und ihre Fotografien liebe, habe ich stets im Hinterkopf, wie ihr Leben abgelaufen ist.
Und abschließend und für alle Ewigkeit: Marilyn schreibt man erst mit i und dann mit y und nicht umgekehrt. „Marylin“ ist zu 100% falsch und immer wieder lustig, wenn es auf gefälschten Autogrammen auftaucht 😉
Alle Bilder zeigen meine Sammlerstücke und wurden von mir fotografiert. Sollte ich dadurch gegen Urheberrecht verstoßen, bitte ich um entsprechende Nachricht und ich werde die Bilder entfernen.
USA 1948 – Der zweite Weltkrieg ist gewonnen, Deutsche und Japaner wurden entmilitarisiert und die siegreichen Soldaten kehren in die Heimat zurück. Für die Amerikaner scheint die Welt in Ordnung zu sein, wären da nicht die Probleme, die die Nachkriegszeit mit sich bringt: Männer mit Kriegstraumata, die wieder in ihren unterbezahlten Jobs arbeiten, Firmen mit gestrichenem Kriegsetat, die um die nackte Existenz kämpfen und Korruption auf allen Ebenen, um ohne Rücksicht auf Verluste den letzten schnellen Dollar einkassieren zu können. Obendrein stehen Mord, Vergewaltigung, Brandstiftung und Drogenhandel auf der Tagesordnung – willkommen bei L.A. Noir!
Die Heimkehr eines Kriegshelden
Cole Phelbs, der Protagonist des Spiels, ist ein gefeierter Kriegsheld. Ausgezeichnet mit dem Silver Star und durch unzählige Feldbeförderungen aufgestiegen, erhält er nach seiner Heimkehr die Gelegenheit als Ordnungshüter des Los Angeles Police Departments seine Fähigkeiten einzusetzen. Der Rummel um seine Person ist ihm spürbar unangenehm und am liebsten würde er seine Kriegsvergangenheit, die immer wieder in Zwischensequenzen erzählt wird, nie wieder zur Sprache kommen lassen, aber die Polizei von LA benötigt einen Vorzeigepolizisten, um das angeschlagene Image aufzubessern. Als Straßenpolizist klärt Phelbs direkt einen Mord auf offener Straße auf und wird prompt zum Detective befördert. Im Laufe des Spiels durchläuft man auf diese Art und Weise verschiedene Abteilungen und untersucht Verkehrsunfälle mit Todes- oder Verletzungsfolge, Morde und Brandstiftungen. Jede Abteilung markiert einen eigenen Handlungsstrang mit verschiedenen Fällen, die anfangs zusammenhanglos zu sein scheinen, im Verlauf der Untersuchung aber stetig weitere Puzzlestücke zu einem großen Ganzen hinzufügen. So untersucht man im ersten Abschnitt verschiedene Frauenmorde, die historisch als Black Dahliah Morde bekannt sind. Handelt es sich um Trittbrettfahrer oder ist es ein Serientäter? Der Führung des Police Departments ist es egal, denn die will nur eines sehen: Festnahmen, um die Öffentlichkeit zu beruhigen. Im weiteren Verlauf untersucht man den Handel und Missbrauch von Morphium aus Militärbeständen und ab diesem Zeitpunkt nimmt die eigentliche Grundhandlung allmählich Fahrt auf. Wer ist darin verwickelt, wo kommt das Rauschgift her und warum entkommen die großen Fische immer wieder dem Zugriff der Polizei? Phelbs gerät zunehmend zwischen die Fronten von Rechtschaffenheit und Korruption.
Polizeiarbeit ist auch nur Routine
Spielerisch präsentiert sich L.A. Noire solide, aber abwechslungsarm. Die zentralen Elemente sind das Suchen von Beweisen und Indizien, sowie das anschließende Verhör von Zeugen und Verdächtigen. Beides steht im direkten Bezug zueinander, da man in einem Verhör nur dann die passenden Aussagen erhält, wenn man den Gegenüber mit den richtigen Fundstücken und Kausalzusammenhängen in die Zange nehmen kann. Will man ein Verhör ohne gefundene Beweise durchführen, ist man natürlich schnell fertig und der Fall verläuft im Sande, daher ist gründliches Suchen notwendig. Dankenswerterweise ertönt ein kurzes Signal, sobald man alle relevanten Dinge gefunden hat und man kann sicher sein, nichts wichtiges übersehen zu haben. Im Verhör gibt das Spiel Fragen vor, weshalb sich der Spieler keine großen Gedanken machen muss etwas falsch zu machen. Die Herausforderung besteht darin die jeweilige Aussage zu bewerten, um eventuelle Lügen oder zumindest Halbwahrheiten herauszufiltern. So stehen immer die Optionen „Wahrheit“, „Lüge“ und „Anzweifeln“ zur Wahl bereit. Bei Wahrheit akzeptiert man die Aussage und geht zur nächsten Frage über, bei Lüge rüttelt Phelbs an der Aussage und stellt sie als falsch dar, woraufhin der Beschuldigte einen Beweis sehen will, und bei Anzweifeln stichelt man ein wenig herum, ohne wirklich einen Beweis zu haben.
Als Entscheidungshilfe dienen Mimik und Körpersprache, die je nach Charakter ausgeprägt oder unterschwellig bemerkbar sind. Ein Herumzappeln oder ein kleiner Schweißausbruch deutet immer auf eine Unwahrheit hin. Ist man sich noch immer unsicher kann man einen der begrenzten Intuitionspunkte einsetzen. Mit diesen eleminiert man einen der drei Punkte und grenzt bei den Beweismitteln die Auswahl ein, oder man entscheidet sich anhand der Statistik anderer Spieler. Als aufmerksamer Spieler kommt es nach kurzer Eingewöhnungszeit nur selten zu Fehlern, auch wenn es hin und wieder schwer fällt zwischen der Lüge und dem Anzweifeln zu wählen, da man sich möglicherweise schon ein offensichtliches Urteil gebildet hat und darüber vergisst, dass man im Grunde nichts in der Hand hat. Die Aufklärung eines Falls hängt maßgeblich von den Verhören ab, da nur so weitere Verdächtige und neue Orte erkundigt werden können. Stellt man sich ungeschickt an und patzt bei einer Kernaussage, ist der Fall schneller vorbei, als man Phelbs sagen kann.
Alles in allem kommt man aber immer gut durch, da man doch immer wieder bei der Hand genommen wird und nie wirklich stecken bleibt. Neue Orte werden automatisch auf der Karte eingetragen und neue Personen erscheinen mehr oder weniger automatisch an den Schauplätzen oder werden auf das Revier bestellt. Ein Gegegentlicher Anruf bei der Zentrale reicht meist schon aus, um die nächsten Schritte machen zu können. Neben dieser Polizeiarbeit gibt es auch ein paar Actionabschnitte. Es gibt wilde Verfolgungsjagden per Automobil oder zu Fuß, es kommt immer wieder zu unspektulären Shootouts oder Schlägereien und in seltenen Fällen ist Geschicklichkeit und Reaktionsvermögen gefragt. Nach 2-3 Stunden Spielzeit hat man im Grunde alles gesehen, was das Gameplay hergibt. Interessant ist vielleicht noch, wie man L.A. Noire generell spielen will. Nimmt man den Verlauf der Geschichte so hin, wie es dem eigenen Erfolg oder Versagen entspricht, oder unterbricht man das Spiel immer wieder, um das optimale Verhör führen zu können und das Maximum an Beweisen zu erhalten, um auch am Ende das fette Lob vom Chef zu kassieren? Schließlich kommt man auch weiter, wenn man nicht die Topbewertungen erhält, aber ist man der Phelbs, der dem Aushängeschild entspricht, oder ist man doch eher ein Cop, der auch mal Fehler macht? Testet euer Ego 😉
SpielFilm?
L.A. Noire zeichnet ein Bild vom Los Angeles der 40er Jahre, wie es unserer heutigen Vorstellung entspricht, doch von der zu 90% korrekt rekonstruierten, frei befahrbaren Stadt und einer gewissen Grundstimmung, ist vieles sehr überzogen dargestellt. Rassismus, Patriotismus und Komunistenhass waren sicher prägend für diese Zeit, bedienen hier aber mehr die bereits erwähnten Klischees zu Gunsten der Atmosphäre. Die Charaktere bedienen dabei so ziemlich allem, das nicht nur im Film Noire dargestellt wurde. So sehen wir eine Stadt und deren Einwohner mit wenig individueller Tiefe, aber dafür mit umso unterhaltsameren Nebendarstellern. Und davon gibt es nicht wenige. Ich habe mir zwar nicht die Mühe gemacht die Namen der Schauspieler zu zählen, die für das Motioncapturing herangezogen wurden, aber der Blick in das Booklet zeigt, dass es ein paar hundert gewesen sein müssen. Das Besondere an L.A. Noire ist nämlich die Darstellung der Gesichter und deren Mimik, die für das Gameplay von großer Bedeutung sind. Als Nebeneffekt erkennt man einige Schauspieler wieder, die in Fernsehserien wie „Mad Men“ oder in zahllosen kleinen Gastrollen anderer Produktionen aufgetreten sind. Oft sind es nur Sequenzen von wenigen Sekunden, doch macht diese optische Vielfalt vieles der Substanz von L.A. Noire aus. Bei so vielen Profis liegt es nahe, dass das Spiel mehr einer cineastischen als einer klassischen Open World Umsetzung entspricht: Viele kleine Dialoge während man unterwegs ist, kleine Zwischensequenzen, die mal lustig, mal dramatisch sind und immer wieder mehr oder weniger geistreiche Kommentare von Dritten während der Ermittlungen. Abgerundet wird die Präsentation durch einen Soundtrack, der teils aus originalen Radiosendungen und Musik der 40er Jahre, teils aus einem Original Score besteht, der immer dann zum Einsatz kommt, wenn ein Fall eine dramatische Wendung erhält oder in eine entscheidende Phase eintritt. Natürlich ist das Spiel auch in der deutschen Version komplett englisch (amerikanisch) mit deutschen Untertiteln, da es wohl kaum ein Studio hinbekommen hätte so viele qualitativ hochwertige Sprecher zu bekommen. Davon mal abgesehen leben die Charaktere durch das Zusammenspiel von Mimik und Sprache – echtes Schauspielhandwerk!
Verpasste Gelegenheiten
L.A. Noire hat mich nach einer gewissen Eingewöhnungsphase durchaus gepackt, was aber hauptsächlich an der sich langsam entwickelnden Geschichte liegt. Ist man an einem gewissen Punkt der Handlung verhält sich das Spiel wie ein Fortsetzungsroman, der einfach weitergelesen werden muss. Leider fehlt dem Gameplay das gewisse Etwas, um auch Leuten, die weniger Wert auf eine Geschichte legen, zu fesseln. Dabei fallen einige verpasste Chancen auf: So fehlt beispielsweise ein Moralsystem, durch das man sich zum guten Cop oder bösen Cop entwickeln kann. Es hätte wahrscheinlich die Geschichte ausgehebelt ein solches System umzusetzen, aber wo macht ein solches System mehr Sinn, als in einem Polizistenspiel? Zu diesem fehlenden Feature gesellt sich nahtlos die ausgelassene Möglichkeit der Wahl, wie man mit Kriminellen umgeht. Sowohl während der Hauptquest als auch in den Nebenquests habe ich mich oft gefragt, warum ich den armen Kerl jetzt abknallen musste. Hätte es ein Schuss ins Bein mit einer anschließenden Verhaftung nicht auch getan? An dieser Stelle sind mir die Klischees ein wenig zu weit gegangen. Um die Spielzeit für Achievment- und Trophyfans aufzubohren gibt es noch ein paar Sammelaufgaben, die man wirklich nicht braucht. Das Sammeln neuer Fahrzeuge ist ja noch ganz interessant, da man dadurch ein paar schöne Oldtimer zu sehen bekommt, aber die Suche nach Filmrollen und Polizeimarken, die in ganz Los Angeles verteilt sind, braucht wirklich kein Mensch (ohne Walkthrough).
Trotzdem
Es gibt viele Filme und Spiele, die sich dem Thema „Krieg“ auseinandersetzen. Bei heroischen Versionen geht es um viel Pathos, bei den Antikriegsvarianten um den Konflikt zwischen Befehl und Gewissen. In Spielen überwiegt eindeutig die Pathos-Fraktion, daher ist es erfrischend einmal die direkte Nachkriegserfahrung erzählt zu bekommen. Dabei richtet sich L.A. Noire ganz sicher an ein erwachsenes Publikum, welches auch gerne einmal den Controller nicht nur zum Feuern und Nachladen benutzen will. Leider schafft es das Spiel nicht von Anfang an mitzureissen und in der Zeit die bis zur Entfaltung der Storyline vergeht, verliert L.A. Noire sicher viele Spieler, aber wer auch mit einer sich langsam entwickelnden Handlung zurechtkommt, auf dialoglastige Erzählweise steht und einem Spielprinzip, welches an Ace Atorny erinnert, etwas abgewinnen kann, ist im Los Angeles von 1948 bestens aufgehoben. Da das Spiel auch als Complete Edition mit zusätzlichen Fällen zum Budgetpreis zu bekommen ist, macht man auch als Unentschlossener im Grunde nichts falsch.
Da mir meine PS3 wieder gelb zuzwinkert werden wir von nun an getrennte Wege gehen. Wir hatten eine schöne Zeit, aber da ich ihr außer meinem Fön und dem Schraubendreher-Set nichts mehr zu bieten habe, hoffe ich auf einen Menschen, der auch ihr Innerstes versteht, zu 100% auf sie eingeht und mit etwas Liebe und Fingerspitzengefühl den alten Glanz zurückgibt.
In diesem Sinne: Meine PS3 inkl. Metal Gear Solid 4 Umverpackung und 400 GB auf ebay (Auktion endet 23. Jun. 2012 14:26:42 MESZ) >> jetzt bieten!



