Jun 7

Star Ocean The Last Hope – Mein Videospieljahr 2011


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Star Ocean – The Last Hope – International – die PS3 Version des ursprünglich XBox 360 exklusiven Titels – lag jetzt bestimmt schon über ein Jahr in meinem Regal rum. Ich hatte es mir gekauft, weil der Preis zu dieser Zeit sehr gut war, ich mal wieder Lust auf ein JRPG hatte und gerade nichts Interessantes auf dem Spielemarkt zu finden war. Dummerweise habe ich erst nach dem Kauf in meiner viel zitierten Lieblingscommunity nach der Qualität von SOTLHI (geile Abkürzung) gefragt und wurde von derber Kritik erschlagen. Langweilig, stupide und nervig gehörten zu den häufig genannten Attributen, was meine Lust auf das Spiel dann so sehr dämpfte, dass ich’s originalverpackt weggelegt hab‘. Mittlerweile hat sich das als Fehler rausgestellt, denn ich habe mit mehr als 60 Stunden Spielzeit und einem Abschlusslevel von 78 sehr viel Spaß mit dem Titel gehabt. Da ich bis dato keines der Vorgänger gespielt hatte, konnte ich auch an ein für mich unverbrauchtes Szenario herangehen.

 

To boldly go where no man has gone before

Star Ocean (der Einfachheit halber spare ich mir den Titelanhang) ist eine Space Opera, die die ersten Schritte der Menschheit jenseits des eigenen Sonnensystems erzählt. Der obligatorisch junge und unerfahrene Offizier Edge Maverick ist Teil der ersten Expedition mit drei Raumschiffen und träumt von Heldentum, Pioniergeist und neuen Welten. Bereits die erste Reise stellt die Crews vor eine unerwartete Herausforderung und Edge ist gezwungen gemeinsam mit seiner Kindheitsfreundin Reimi loszuziehen, um neue Welten, Freunde und Verbündete zu finden.

Schnell stellt sich heraus, dass die Völker der verschiedenen Welten auf ganz unterschiedlichen Entwicklungsstufen stehen. Sind die einen der Menschheit mindestens 500 Jahre in der technischen Entwicklung vorraus, sind andere noch so weit zurück, dass die jungen Helden als wiederkehrende Götter verehrt werden. Bald stellt sich die Frage, in wie weit man mit der Bevölkerung der Planeten in Kontakt treten sollte und wann man eine Einmischung vermeiden sollte. Jeder Science Fiction Fan erkennt schon nach wenigen Spielstunden, dass sich die Menschheit vor ihrer Expedition keine Gedanken über die Nichteinmischungsregel „Prime Direktive“ von Gene Roddenberry Gedanken gemacht hat und Star Ocean zeigt, warum eine solche Regel nicht nur in der Fiktion wichtig ist. Doch das ist nicht die einzige Parallele zum Science Fiction Dinosaurier Star Trek.

 

Freundschaft, Ehrgeiz und Neid

Die Entscheidungen von und die Ereignisse rund um Edge und seine bis auf sieben Begleiter starke Truppe bewirken leider nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen. Durch Edges Entscheidung, sich in die Belange eines Planeten einzugreifen, wird eine schwere Katastrophe verursacht, die den Anführer der Truppe in eine tiefe Krise aus Selbstkritik und Zweifel an der eigenen Entscheidungsfähigkeit stürzt. Blind vor Depression sieht er nicht, dass sich unter seinen Freunden ebenfalls Unsicherheit breit macht. Ist das große Vorbild Edge nicht in der Lage vernünftige Entscheidungen zu treffen? Wie kann es sein, dass er dennoch andere für sich gewinnen kann und stets im Kampf brilliert? Ist der Freund und ewige Rivale aus Kindheitstagen wirklich der einzige Ansporn für ihn? Eine Mischung aus Neid und Verehrung ist es dann schließlich, die den Konflikt innerhalb der Gruppe schürt.

Zeitreisen, intergalaktische Zerstörung und Magie

Neben der Charakterentwicklung liefert Star Ocean alle Zutaten, die eine gute Science Fiction Geschichte haben sollte, bleibt dabei jedoch stets im klassischen Fantasy verwurzelt. Durch diesen Kniff werden auch Charaktere von unterentwickelten Völkern zu wertvollen Verbündeten, da sie mit Hilfe der sogenannten Symbologie mächtige Elementarangriffe und wertvolle Heil- und Unterstützungszauber wirken können. Abseits der Charaktere ist die Mischung der Genres zwar nicht so ausgeprägt, doch durch die eine oder andere Prise Mystik und Kulturunterschied geht nie das Gefühl für das Fantastische verloren. Hier hätte sich ein Final Fantasy 13 eine große Scheibe abschneiden können.

Typisch JRPG

Um dann auch mal ein paar Worte über die spielerischen Elemente zu verlieren: Star Ocean – The Last Hope hat ein relativ einfaches Echtzeit-Kampfsystem, mit dem man durch Schlagkombos, Spezialangriffe und Symbologie den größtmöglichen Schaden erzielt. Spieler von Tales of Vesperia werden sich hier schnell zu Hause fühlen, denn wie beim JRPG-Primus der aktuellen Generation (neben Lost Odyssey natürlich ;)) hat man bei Star Ocean jederzeit die Möglichkeit im Kampf die zu steuernde Figur zu wechseln, durch die vier kämpfenden Charaktere durchzuschalten oder gegen ein inaktives Mitglied auszuwechseln.

Ist das Kampfsystem eingängig, aber relativ simpel gestrickt, kommt die Taktik dennoch nicht zu kurz. Dank eines umfangreichen Levelsystem kann man sich Charaktere mit den Fähigkeiten heranzüchten, die man sich wünscht und damit den Kämpfen den eigenen Stil aufdrücken. Neben den obligatorischen Levelaufstiegen mit vorgegebener Entwicklung aller Kampfwerte, erspielt man sich zusätzliche Gruppen- und Charakterpunkte, mit denen der Boost einzelner Fähigkeiten über jeweils 10 Stufen eingetauscht wird. Man hat also die Qual der Wahl Charaktere mit gleichmäßigen Durchschnittswerten oder mit hoher Spezialisierung zu entwickeln. Will man einen schwachbrüstigen Top-Healer oder einen Kämpfer, der im Notfall auch mal ein paar HP regenerieren kann? Als Sahnehäubchen gibt es die schiffseigene Denkfabrik, in der man die Charaktere in Dreiergruppen zusammenstellt und verschiedene Rezepturen entwickeln lassen kann. Je höher individuelle Fähigkeiten gediehen sind, desto kreativer werden die Resultate. So erhält man Bauanleitungen für mächtige Waffen und Rüstungen, diverse Tränke und Mahlzeiten, sowie Instantzauber, Amulette und sonstige nützliche Gegenstände. Um diese allerdings auch umsetzen zu können braucht man Zutaten, die man von Gegnern, beim Erzabbau, in Shops und so weiter findet.

Besonders löblich, wenn auch unglaublich umfangreich und teilweise wirklich frickelig, sind die vielen Nebenquests und Aufgaben, die abseits der Handlung gelöst werden können. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Rohstoffsammlungen oder Botengängen, aber auch die eine oder andere exotische Waffe oder Gitarre (!) muss persönlich angefertigt werden, sofern man die entsprechende Rezeptur entwickelt hat. Um alle diese Aufgaben zu lösen könnte man sicher 100 und mehr Stunden investieren. Die Hauptgeschichte ist nicht weniger umfangreich, wenn auch etwas magerer, als man es bei einem JRPG vermuten würde. Hält man sich nicht mit Nebenquests und übertriebenen Leveln auf, kann man das Spiel in ca. 30-40 Stunden beenden. Die Bossfights – vor allem im Finale – dürften dann allerdings ungleich schwerer werden, aber das brauche ich einem erfahrenen JRPGler ja nicht zu erzählen 🙂

Rund, aber kein Klassikerpotenzial

Star Ocean – The Last Hope – International macht grundsätzlich alles richtig. Die gute, wenn auch in Teilen sehr vorhersehbare Geschichte wird mit vielen und oft sehr langen Videosequenzen sehr gut präsentiert, die Charakterentwicklung innerhalb der Geschichte ist glaubwürdig und das Gameplay ist umfangreich, aber nicht überdimensioniert. Das Design bietet einige animetypische Stereotypen mit Katzenmädchen, knackigen Mädels in knappster Bekleidung mit spitzen Ohren und Zungen und androgynen Jünglingen, die auf der Suche nach sich selbst sind, hat aber auch ein paar erfrischende Ausreisser aus der Norm, zu denen der Protagonist Edge ebenso gehört wie der robocopartige Cyborg, der sich ein Rest Menschlichkeit bewahrt hat. Einzig die wenigen kindlichen Figuren haben ein gewisses Nervpotential und lassen den Daumen des öfteren über den Startbutton kreisen, um eine Sequenz frühzeitig abzubrechen. Da diese Charaktere aber öfter für die humorvollen Einlagen im Spiel verantwortlich sind, kann man auch darüber gnädig hinwegsehen. Unterm Strich hat mir das Star Ocean wesentlich mehr Spaß gemacht, als noch Final Fantasy 13, und ich rate jedem, der ebenfalls von FF13 enttäuscht war zum grafisch sicher um einiges schwächeren, aber ansonsten in jeder Hinsicht besseren Star Ocean – The Last Hope zu greifen.


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