Ich weiß, seit fast zwei Monaten hab ich mein Videospieljahr 2011 nicht mehr aktualisiert. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich momentan einfach nicht die Muse hab mich mit einem Spiel ausgiebig zu beschäftigen. Den letzten Monat tingelte ich zwischen drei Spielen hin und her ohne eines zu beenden – bis jetzt 😉
Als oller Strategiefan, der noch so Sachen wie Panzergeneral und Warcraft (nein, nicht World of Warcraft) auf dem PC gespielt hat, als sie auf den Markt kamen, freue ich mich immer, wenn es für dieses Nischengenre neues Futter gibt. R.U.S.E. bedient dabei genau meine kleines Interessengebiet und ist genau das Richtige für den geplagten Strategiefan, der den PC seit Jahren nicht mehr nachgerüstet hat. Normalerweise werden solche Titel bestenfalls für die verschiedenen Plattformen portiert und grob an die Controller angepasst. Dabei kommen entweder unendliche Menü-Bäume, eine absolut überladene Steuerung oder eine unterirdische Truppenverwaltung heraus. R.U.S.E. schafft es aber genau diese Fehler nicht zu machen und präsentiert sich als guter Titel für Wohnzimmergeneräle.
Das übliche, aber doch irgendwie anders
R.U.S.E. bedient sich ganz klassisch am Szenario des zweiten Weltkriegs. Als amerikanischer Befehlshaber beginnt die Strategenkarriere wie gewohnt in Afrika, bewegt sich zum D-Day und findet ihren Höhepunkt während der Invasion durch Benelux und Deutschland. Soweit bleibt also alles beim Alten. Neu dagegen ist die Darstellung des Kampfgebiets und – man höre und staune – die Story. Man übernimmt die Rolle eines aufstrebenden Offiziers, der wegen seiner strategischen Fähigkeiten schnell auf der Karriereleiter hinaufsteigt. Ihm steht ein erfahrener Offizier zur Seite, der zum einen die Rolle des Beraters während des Kampfes und zum anderen die des misstrauischen Soldaten, der an jeder Ecke Betrug und Verrat wittert, einnimmt. Spionage, selbstsüchtige Befehlshaber und falsche Entscheidungen bilden den Rahmen der Geschichte, die den Spieler von Kampf zu Kampf führt.
Als Major oder General hat man in der Regel natürlich nichts an der Front verloren. Kämpfe werden am Schreibtisch und auf der Landkarte ausgetragen. Da aber das Herumschieben von statischen Einheiten in einem Strategiespiel nicht sehr spannend wäre, bedient sich R.U.S.E. eines kleinen Tricks. Man kann das Schlachtfeld stufenlos ein- und auszoomen, wobei die größte Entfernung nur einen Tisch mit der kompletten strategischen Darstellung des Kampfes zeigt. Die höchste Zoomstufe lässt dagegen eine Einheit fast den kompletten Bildschirm füllen. Die Geräuschkulisse passt sich der Zoomstufe an. Befindet man sich im Konferenzraum hört man im Hintergrund klingelnde Telefone, Feldsprüche und ruhige Befehle, doch sobald man in das Kampfgeschehen einzoomt, hört man die hektischen Feldbefehle, Schüsse, Explosionen, Tiefflieger und alles andere, was man mit einem Kriegsgebiet assoziert. Das ist natürlich nicht nur ein künstlerischer Kniff, sondern für die strategische Planung lebenswichtig. Durch das schnelle Zoomen hat man sofort die volständige Kartenübersicht bzw. die genaue Kontrolle über eine Einheit oder einer Einheitsgruppierung.
Die einzelnen Schlachten laufen in Echtzeit ab. Man wird zu Anfang grob über die Situation und das Einsatzziel in Kenntnis gesetzt und dann geht’s los. Man eskortiert Truppenverbände, man zerstört feindliche Gebäude oder man erlangt die Kontrolle über das gegnerische Hauptquartier. Die Missionen bleiben dabei recht abwechslungsreich, da man zum einen nicht der C&C-Tankrush-Tradition folgt und man zum anderen stets in sich ändernde Missionsziele und Zusatzziele verwickelt wird. So steht man nicht selten vor der Situation, dass ein Plan einfach nicht aufgeht, weil von irgendwoher eine noch unbekannte Waffengattung oder andere Widrigkeiten auftauchen. Zudem hat man nur in den seltensten Fällen das komlette militärische Arsenal zur Verfügung. Es dauert schon fast das halbe Spiel, bis man alle Truppenarten kennt und dann kann man oft nicht alles einsetzen, weil man entweder mal keine Produktionsgebäude bauen kann, schlechte Witterung den Einsatz bestimmter Truppen nicht erlaubt oder man erstmal gegnerische Fabriken einnehmen muss, um überhaupt mal Verstärkung produzieren zu können.
Der Schwierigkeitsgrad ist über weite Strecken zumindest für erfahrene Strategen sehr niedrig. Gerade im ersten Spieldrittel hat man oft das Gefühl eher ein Tutorial zu spielen, da euch euer Berater ständig vorkaut, wie man auf die aktuelle Situation reagieren soll. Spätestens nach der Invasion zieht der Schwierigkeitsgrad aber ordentlich an und gegen Ende des Spiels gerät man in Multifrontenschlachten, in denen man unter Zeitdruck genau koordinierte Angriffe einleiten und Verteidigungen aufbauen muss, um das Missionsziel zu erreichen. Spätestens an diesem Punkt ist eine gewisse Stressresitenz von Vorteil, denn das 20fache wiederholen einer 30- bis 45minütigen Mission geht an die Substanz. Nein, man kann während der Missionen nicht speichern. Es gibt lediglich Checkpoints, die man bei einem Neustart wieder aufgreifen kann, doch nützt einem das auch wenig, wenn man vorher schon den entscheidenden Fehler gemacht hat, der unweigerlich zur Niederlage führt.
Gameplay mit Zoomfeature
Strategie macht Laune
R.U.S.E. ist genau das Richtige für Leute, die mal wieder Lust auf ein Strategiespiel haben und nicht viel Geld ausgeben wollen. Als UK-Import ist das Game schon für ca. 10 Euro zu haben und auch in Deutschland kostet es nicht mehr die Welt. Die Inszenierung der Schlachten brennt zwar kein Grafikfeuerwerk ab, aber für dieses Genre ist die Umsetzung zweckmäßig ansehnlich und übersichtlich, was für einen solchen Titel nicht unerheblich ist. Die Steuerung geht dem Spieler bereits nach wenigen Minuten ins Blut über und lässt zu keiner Zeit eine Maus oder Tastatur vermissen. Krämpfe aus C&C-Zeiten bekommt man jedenfalls nicht. Neben den Kämpfen zeichnet sich R.U.S.E. durch die gut gemachte Rahmenhandlung aus. Man ist kein namenloser Offizier, sondern ein „echter“ Charakter, der zwischen Verrat, Rivalität, Loyalität und Leidenschaft irgendwie versucht seinen Teil für sein Vaterland beizutragen. All das wird durch den typisch amerikanischen Kriegsfilm-Soundtrack untermalt. Bombastische Orchesterklänge mit viel Dramatik und einem ordentlichen Schuss Pathos vermitteln das typische Hollywoodgefühl.
Fall das alles noch nicht reicht, bietet das Spiel auch umfangreiche Multiplayeroptionen, auch wenn diese nicht gerade von Mitspielern überfüllt sind. Habt ihr aber einen Kumpel, der ebenfalls diesem Genre zugetan ist, habt ihr zumindest einen, mit dem ihr zocken könnt – und sagt mir Bescheid, wenn ihr on seid. Ich kenne nämlich niemanden, der noch Bock auf Strategie hat 😉
Anonym sagt:
18. Juli 2011
Bei der 360-Fassung kann man definitiv jederzeit, beliebig oft speichern, und spielt nach laden dieses Speicherpunkts auch genau an dieser Stelle weiter.
spontanadmin sagt:
19. Juli 2011
Naja, es geht bedingt. Man kann in der laufenden Session zum letzten Savepunkt springen, aber meistens ist da der Schaden schon angerichtet und man muss ohnehin neu starten. Ist man irgendwann wieder auf dem Startbildschirm setzt das Savegame auch am letzten Checkpoint an. Zumindest ist mir das so auf der PS3 passiert…