Als Sony mit der Playstation den Markt überrollte und ich ziellos von Abitur über Wehrdienst bis ins Studium stolperte, waren mir Spielkonsolen ziemlich schnuppe. Sega hat mich mit dem 32X-Aufsatz maßlos enttäuscht und erstickte jegliches Interesse an Investitionen in weitere Konsolensysteme im Keim. Folglich war ich bis zum Ende des Milleniums ausschließlich mit dem PC unterwegs und habe in dieser Zeit vor allem das Genre des Point & Click Adventures lieben gelernt. Neben den Klassikern von Lucas Arts hatten es mir vor allem die Geschichten, die von Sierra Entertainment vertrieben wurden, besonders angetan. Eines der großen Highlights ist dabei bis heute Gabriel Knight 3 – Blood Of The Sacred, Blood Of The Damned, das sich nicht nur mit liebenswürdigen Charakteren und weitestgehend logischen Rätseln, sondern auch mit einer sehr gut recherchierten, glaubwürdigen Verschwörungstheorie und einem gesunden Schuss Mystik in meinen ewigen Top 10 der besten Spiele verewigt hat.
Mehr als The Da Vinci Code
War das eine blöde Situation, als 2003/2004 der Hype um Dan Browns Sakrileg (The Da Vinci Code) begann. Immer mehr Leute unterhielten sich über die Theorien, die in diesem Roman vertreten werden und was es doch für eine Sensation wäre, so etwas überhaupt zu veröffentlichen. Ich konnte den Rummel nicht ganz nachvollziehen, weil ich die gesamte Theorie um Maria Magdalena bereits 1999 kennenlernte, denn nichts Geringeres als die Geschichte um die Suche nach dem „Saint Greal“ – dem heiligen Gral – ist nämlich der Kern von Gabriel Knight 3. Anders als Dan Brown schlägt Jane Jensen, Autorin der Gabriel Knight Serie, einen mystischen Weg ein und räumt bereits im Vorspann die Existenz von Vampiren ein. Natürlich dürfen Templer und Freimaurer ebenso wenig fehlen, wie die Geschichte rund um schwangere Maria Magdalena, die nach der Kreuzigung Jesu auf der Flucht im heutigen Südfrankreich in der Gegend von Rennes-le-Château ihre letzte Ruhe gefunden haben soll. Alles in allem gibt es also mehr als genug Zutaten für eine packende Geschichte.
Mehr als ein Mystik-Adventure
Tragendes Element ist natürlich der Protagonist Gabriel Knight, der einer langer Ahnenreihe von „Schattenjägern“ entstammt. Als Horrorautor erfuhr er im ersten Teil der Serie von seiner Bestimmung, die ihm durch seinen Vater in die Wiege gelegt wurde, und setzte sich dann im zweiten Teil mit dessen Bedeutung auseinander. Der Kontakt mit Voodoo und Werwölfen hat seine Weltanschauung entschieden geprägt, so dass er in diesem dritten Abenteuer bereits ein erfahrener Kämpfer des Lichts ist. Ihm zur Seite steht die Japano-Amerikanerin Grace Nakimura, die hauptsächlich für Recherche und Hintergrundforschung zuständig ist. Sie und Gabriel fühlen sich zwar zueinander hingezogen, bewahren aber in der Regel eine eng freundschaftliche, jedoch professionelle Distanz. Sie geraten regelmäßig aneinander, wenn es um die Auslegung der Pflichterfüllung eines Schattenjägers geht. Während Gabriel eher locker mit seiner Verantwortung umgeht, versucht Grace stets ihm den nötigen Ernst einzutrichtern. Im Verlauf des Spiels übernimmt man über beide die Kontrolle und löst diverse Rätsel je nach Fähigkeit der Figuren.
Ein „Let’s play“ Abschnitt
Der Plot ist an der Oberfläche denkbar einfach. Gabriel erhält den Auftrag den Sohn eines britischen Lords vor den „nächtlichen Besuchern“ zu schützen. Diese schaffen es aber den Jungen zu entführen und Gabriel nimmt die Verfolgung auf. Die Spur verliert sich im verschlafenem Nest Rennes-le-Château, wo er für die weitere Spurensuche sein Lager aufschlägt. Nahezu zeitgleich trifft eine kleine Reisegruppe unterschiedlichster Gestalten ein, die scheinbar alle auf Gral-Sightseeing-Tour sind. Es wird jedoch schnell klar, dass jeder Reisende mehr im Sinn hat, als nur ein paar Bilder zu schießen und topografische Besonderheiten zu bestaunen. Gabriel hat den Verdacht, dass mindestens einer der Reisenden in die Entführung involviert ist und beginnt mit seiner detektivischen Arbeit. Neben diversen Gesprächen erkundet man die wenigen Gebäude des Orts und die nähere Umgebung, sobald man einen fahrenden Untersatz gefunden hat. Während sich Gabriel auf die Informationsbeschaffung beschränkt, konzentriert sich seine inzwischen eingetroffene Assistentin Grace Nakimura auf die Recherche und Denkarbeit. Gemeinsam kommen Sie nach und nach den Geheimnissen von Rennes-le-Château, den Hotelgästen und den nächtlichen Besuchern auf die Spur.
Mehr als Point&Click
Wie bei einem klassischen PC-Adventure üblich erkundet man die Umgebung ausschließlich mit der Maus. Interessante Orte, Personen und Gegenstände lösen auf Klick eine Aktion oder Reaktion aus. Man sammelt Items, die man kombinieren oder einsetzen kann und versucht über diverse Gesprächsthemen neue Erkenntnisse zu gewinnen. So weit, so Standard. Anders als bei den meisten anderen Adventuren ist hier aber auch etwas Hirnschmalz gefragt, das man für handfeste Rätsel einsetzen muss. Man analysiert Gemälde, historische Dokumente, Landkarten und die „Schattenjäger-Datenbank“, um mit gefundenen Querverweisen und weiteren Puzzleteilen das große Ganze zu erkennen. Insbesondere die Datenbank birgt eine der größeren Herausforderungen des Spiels, da man in vielen Fällen selber auf die richtigen Suchbegriffe kommen muss (und händisch eingibt), um nur im Ansatz an die richtigen Infos zu gelangen. Wer hier mit einem Walkthrough auf dem Schoß durchmarschiert, bringt sich nicht nur um den Rätselspaß. Er zerstört auch die Atmosphäre, die durch diese Abschnitte erzeugt wird.
Glücklicherweise kann man bei Gabriel Knight 3 keine Fehler machen (außer beim großen Showdown), was viel Platz für Ausprobieren lässt. Darüber hinaus ist das Spiel in chronologisch Tages- und Nachtabschnitte unterteilt, in denen man bestimmte Aufgaben lösen muss, um in den nächsten Abschnitt zu kommen. So behält man stets ein Gefühl für den eigenen Spielfortschritt und läuft nicht in die dramturgische Falle irgendwelche Details zu verpassen. Man kann zwar an die eine oder andere Fruststelle geraten, aber dank der vielen Kommentare der Protagonisten und NPCs findet man früher oder später immer die Lösung für das aktuelle Problem. Apropos Kommentare: Gabriel Knight 3 gehört zu den wenigen Spielen der 90er Jahre, das eine exzellente deutsche Synchronisation erhalten hat. Wortwitz, zur Nationalität passende Akzente und Charaktereigenschaften werden auf einem Niveau vermittelt, von dem sich so manches Spiel von heute noch eine große Scheibe abschneiden könnte. Am Rande sei noch erwähnt, dass das hochgelobte Dialogsystem von Mass Effect in etwas anderer Form bereits bei Gabriel Knight 3 eingesetzt wurde: Man wählt lediglich Themen aus, während man die genaue Formulierung erst mit dem entstehenden Dialog erfährt. Lediglich das Wertesystem existiert hier nicht.
Das stimmungsvolle Intro zu Gabriel Knight 3
Mehr als ein Geheimtipp
Grafisch bewegt sich das Spiel für damalige Verhältnisse und für das Genre auf recht hohem Niveau. Im Gegensatz zu den vielen Adventures im Comic- und Bitmapstil, greift Gabriel Knight 3 auf die Sheep-Engine zurück und bietet 3D Grafik, die jederzeit 360° Blickwinkel erlauben und generell ohne vorgerenderten oder vorgezeichneten Grafiken auskommt. Aus heutiger Sicht sind die Texturen bestenfalls verwaschen und die Figurenmodelle ziemlich kantig, doch lässt man sich auf den Stil und die altersbedingte Detailsarmut ein, wird man in diese Welt förmlich hineingezogen. Nicht umsonst wartet eine treue Fanbasis bis heute auf ein viertes Abenteuer, denn auch wenn „Blut der Heiligen, Blut der Verdammten“ ein Ende ohne nennenswerten Cliffhanger hat, bleiben ein paar Fragen offen, die man gerne beantwortet bekommen würde. Als Serie ist Gabriel Knight ohnehin ein Phänomen für sich, denn kaum einer anderen Serie ist es mit drei Teilen gelungen, eine konsequente Weiterentwicklung der Technik und der Charaktere zu schaffen und mit dem bislang letzten Teil einen entsprechenden Höhepunkt zu schaffen. Man kann Teil 3 problemlos ohne Vorkenntnisse spielen, doch zünden ein paar Insidergags erst, wenn man alle Episoden gespielt hat. Wer also noch nie ein Gabriel Knight auf dem Schirm hatte und Lust auf eine spannende Geschichte mit Verschwörungstheorien, gruseligen Momenten und Humor hat, sollte das bald nachholen. Es lohnt sich!
Genesis sagt:
7. Mai 2012
Die Serie sagt mir garnichts. Und ich bin auch kein Fan von Point & Click Adventures. Vielleicht liegt das einfach daran, dass ich erst Ende der 90er „richtig“ mit Videospielen begonnen habe. Vorher habe ich nur hin und wieder Giana Sisters oder Bubble Bobble auf dem C128 gezockt. Oder bei meinen Verwandten Yoshis Island oder Donkey Kong auf dem SNES.
Selbst Monkey Island habe ich leider nie gespielt und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht groß.
Das einzige Point & Click Adventure das mich bisher richtig begeistern konnte war Zack & Wiki auf der Wii. Wobei das ja wieder ne andere Geschichte ist^^
Trotzdem ein interessanter Artikel zu einem mir bisher unbekannten Spiel.
Alan Wake - Mein Videospieljahr 2012 | Spontanbesorger sagt:
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[…] “Heeeeere’s Johnny”, die Log-Lady aus Twin Peaks und sogar Officer Mosley aus Gabriel Knight wurden an geeigneter Stelle gewürdigt. Die Atmosphäre lebt auch von der tollen […]