Okt. 24

Shenmue – Verspätete Liebe


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Heute gibt es seit langem wieder ein Gastbeitrag zu Shenmue. Unter dem Pseudonym Xianweng Wong Ni schreibt der Autor wie er über Umwege und relativ spät zu Shenmue kam und wie es seine Sicht auf Videogames verändert hat. Wong ist Mitglied der Facebook-Gruppe Shenmue500K, wo sich Fans aus aller Welt zu Shenmue bekennen.

Shenmue hat meine Art Videospiele zu betrachten komplett verändert. Ich habe zuerst den zweiten Teil gespielt und das auch relativ spät, so um 2004 rum. Es war weder die Grafik noch das Gameplay, was mich begeisterte, sondern die unglaubliche Liebe zum Detail und die Atmosphäre. Etliche Szenen haben sich in meinen Kopf eingebrannt.
Ich mag mich noch gut erinnern, wie ich zu Shenmue 2 kam. Ich war nie der große Gamer, hatte einen SNES und danach lange keine Konsole mehr, habe aber die meisten relevanten Spiele für N64 und Playstation bei Freunden gesehen oder gezockt. Vom Dreamcast geschweige denn Shenmue hatte ich im Vorfeld nie etwas gehört. Irgendwo her hatte ich in diesem besagten Sommer 2004 Geld. Und ich hatte Schulferien. Mit dem Geld bin ich dann ins Kaufhaus gegangen und wollte mir irgendwas zur Beschäftigung besorgen. Da hab ich dann die Dreamcast erblickt, die da zu einem Spottpreis verhökert wurde. Ich hab mir also nichts Großes dabei gedacht und bin mit dem Karton zur Kasse. Dort verwies mich der Verkäufer auf eine Ramschkiste mit Spielen. Die Spiele dort waren allesamt so umgerechnet 5-10 Euro teuer. Bis auf ein Spiel. Das kostete 3x soviel wie die anderen. Durch meine Überheblichkeit, ich glaube das war das einzige Mal, dass ich Geld hatte früher, wollte ich also dieses Spiel mit dem hübschen Pappschuber. Dieser Überheblichkeit verdanke ich also Shenmue 2. Zuhause dann habe ich es sofort eingelegt und ohne mir das Movie anzusehen angefangen. Ich bin vollständig in dem Spiel versunken. Ich habe bis nachts gespielt, am nächsten Morgen auf und gleich wieder ran. In einer Woche hatte ich es durch und wegen dem Abspann und Ende habe ich fest mit einem Nachfolger gerechnet, was sich dann als unwahrscheinlich herausstellte. Ich hab mir dann noch Shenmue 1 geholt, das sich nun wie ein Prequel spielte und ebenfalls eine tolle Erfahrung war. Seitdem bin ich auf der Suche nach einem ebenbürtigen Spiel. Ohne Erfolg. Ich habe mich damit abgefunden, dass ich wohl “mein” bestes Spiel aller Zeiten bereits gespielt habe. Dass ein Shenmue 3, das sich, wenn es kommerziell erfolgreich sein möchte, so spielen wird wie der restliche Einheitsbrei, etwas daran ändern könnte bezweifle ich. Möchte ich das überhaupt? Nicht zwingend. Ich möchte mit der Reihe abschliessen, “Shenmue 3 spielen” von meinem Stapel to-Do Blätter entfernen, meinen Frieden damit machen. #GiveYuTheShenmueLicense !!!


Okt. 19

Dein Senf zu Shenmue!


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Seit einiger Zeit ist es um Yu Suzuki und seine Shenmue-Saga wirklich ruhig geworden. Vereinzelt hofft man noch auf Releases im PSN und XBox Live, noch leiser sind die Hoffnungsbekundungen für einen Wii U Release und wenn man mal von ein paar „Let’s Play“-Videos und Tweets der üblichen Verdächtigen absieht, gibt es keine News, keine Gerüchte, nicht mal eine mysteriöse Ankündigung irgendeines Sega-Projekts, um die Fanbase wieder anzustacheln. Nichts desto trotz sind wir Shenmue-Fans ja noch immer da und wollen irgendwann die Fortsetzung in Form von Shenmue 3 spielen. Da uns die Verantwortlichen nicht entgegen kommen, sollten wir selber noch mal aktiv werden.

Ich suche Dich!

Da Du bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus, dass Du in irgendeiner Form an Shenmue interessiert bist. Vielleicht hast du ja auch etwas dazu zu sagen? Schreib doch einfach einen kleinen Beitrag oder schick mir ein paar Fotos von deiner Sammlung, deiner Shenmue-Pilgerfahrt oder deines Cosplays. Alles wird hier veröffentlicht und wir bringen Shenmue wieder ins Gespräch.

Feuer frei!


Okt. 6

Review: Corpse Party (PSP/Vita)


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Wenn es um gute Horrorspiele geht, werden aktuelle Systeme kaum noch bedient. Die wenigen Veroeffentlichungen weisen zwar einen hohen Gore- und Splatteranteil auf, aber echten Grusel, den ehemals Spiele wie Silent Hill oder Project Zero verbreiten konnten, gibt es praktisch nicht mehr. Umso überraschender war für mıch Corpse Party für die PSP, da es zum einen kein Spiel nach aktuellen Standards ist und zum anderen ohne visuelle Blutorgien einen Grusel vermittelt, den andere Vertreter selbst mit der der neuesten Engine nıcht bewerkstelligen koennen.

Back to the roots

Corpse Party ist kein neues Spiel. Die ursprüngliche Version erschien bereits 1996 für PC-9801 und wurde 2008 als Remake neu veroeffentlicht. Die PSP-Version mit dem internationalen Titel ‚Corpse Party: Blood Covered Repeated Fear‘ ist bereits das zweite Remake, doch sind die Wurzeln unverkennbar: In bester RPG-Grafik aus 16-Bit-Zeiten steuert man die Protagonisten durch die Kapitel und folgt den vielen Dialogen. Diese werden sowohl als englische Texttafel, als auch von japanischen Sprechern ausgegeben, die eınen grossen Teil der Atmosphaere vermitteln. Auch wenn dieser Sprachenmischmasch etwas babylonisch wirkt, funktionieren die exrem guten Synchronstimmen mit ihren englischen Untertiteln hervorragend. Zur Sprachausgabe gesellen sich ein stimmungsvoller Soundtrack, der aus einer Mischung von midi-Sounds und moderner Klangkulisse besteht, und eıne Fülle an Soundeffekten, die von schwirrenden Fliegen bis zum ausgiebigsten Augapfel-aus-dem-Schaedel-Puhlen alles bietet, was man von einer Horrorszenerie erwartet. Alles in allem sieht man also besten Retrostil, aufgepeppt mit modernem Sound und ein paar passenden Standbildern im Animestil.

Doch um was geht es eigentlich? In einem langen Intro wird die Gruppe der spielbaren Charaktere vorgestellt. Es handelt sich um ein paar Schüler und eine Lehrerin, die untereinander mehr oder weniger eng befreundet sind. Man hat sich zusammengefunden, um eine Schülerin zu verabschieden, die auf eine andere Schule wechseln muss. Um für immer befreundet zu sein führen die Anwesenden ein scheinbar kindisches Ritual durch, wodurch alle unvermittelt in eine Paralleldimension verfrachtet werden. Dieser Nexus ist eine heruntergekommene Schule, in der sich vor mehr als 30 Jahren Kindesmord und -verstümmelung zugetragen haben. Die Gruppe wird getrennt und in Paaren erleben die Freunde die Schrecken, die dort lauern. Da ist zum einen das Problem, dass die Paare in verschiedenen Versionen der Schule angekommen sind und sich untereinander nıcht finden koennen. Dann kann das Gebaude nıcht verlassen werden, es steht keıne Nahrung zur Verfügung, Geister wollen selten helfen und meistens toeten und überall stoesst man auf Leichen, Skelette oder Fleischhaufen ehemals verschollener Schüler. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt und man macht sich in den einzelnen Kapiteln auf, doch irgendwie dem Schicksal und der verfluchten Schule zu entkommen. Dabei werden die Freundschaften durch drohenden Wahnsinn und besitzergreifenden Geistern auf harte Proben gestellt.


Eınes der vielen ‚Wrong Ends‘

Wrong End

Das Ganze liest sich weitestgehend wie eine 08/15 Geistergeschichte aus japanischen Gefilden, doch spaetestens mit dem Ende des ersten Kapitels wird klar, in welche Richtung die Reise geht. Ohne zu viel zu spoilern – und anders geht es an dieser Stelle leider nıcht – erlebt man das Ende der Hoffnung und den endgültigen Tod. Neben dieser inhaltlichen Entwicklung gibt es aber auch andere Fortschritte, die Corpse Party einen zusaetzlichen Horror verleihen: Man trifft Entscheidungen, die den weiteren Verlauf der Geschichte massgeblich beeinflussen. Manchmal stirbt man ’nur‘ einen schrecklichen Tod, doch manchmal wirkt sich die Entscheidung erst viel spaeter im Kapitel aus, die vielleicht nicht das Ende bedeutet, die Geschichte aber ın düsterere Bahnen lenkt. Eine Entscheidung kann schon das Aufsammeln oder Ignorieren eines Gegenstandes sein oder eine scheinbar simple Dialogwahl. Man weiss nie, ob man sich auf dem Pfad zum besten Ende befindet oder bereits auf der Spur des sicheren Exitus ist. So wird man oft die Einblendung ‚Wrong End‘ zu lesen bekommen, die den Spieler dazu zwingt einen früheren Spıelstand zu laden und irgendetwas anders zu machen. Was der entscheidende Fehler war ist nicht immer klar und so bewegt man sich angespannt und unsicher wie die Spielfıguren durch die Korridore und erlebt immer neue Storywendungen, die selbst für das beste Ende nicht Jedermanns Überleben sichern. So schafft es ‚Corpse Party‘ eine lineare Geschichte zu erzaehlen, aber dennoch viele Twists, Verzweigungen und Überraschungen einzubauen. So aergerlıch eın ‚Wrong End‘ auch ist, traegt es doch stark zur Charakterisierung der Figuren bei. So gesteht ein Protagonıst seine Liebe zu eıner anderen Figur nur, wenn zuvor eine schlechte Entscheidung getroffen wurde. Gerade die Tiefen der Charaktere offenbaren sich erst in den dunkelsten Momenten.

Weniger ist mehr – viel mehr

Eingangs sagte ich, dass Corpse Party eınes der gruseligeren Spiele der jüngsten Zeit ist und dies ohne den Eınsatz von Splattereffekten. Das stimmt so nur zum Teil, da dieses Spiel von Blut, Brutalitaet und ausgefallenen Todesursachen nur so strotzt. Wenn man aber von wenigen Standbildern und eın paar ‚Ingame-Szenen‘ absieht, werden diese Situationen nur beschrieben, waehrend man einen schwarzen Bildschirm anstarrt und zum Zuhhoeren und Weiterlesen verdammt ist. Man wird Ohrenzeuge, wie einem Opfer bei vollem Bewusstsein die Zunge herausgeschnitten wird oder wie jemand am eigenen Blut erstickt. Dıe detaillierten Beschreibungen kombiniert mit der Panik der Sprecher und der Soundkulisse verbreiten viel mehr Grauen, als es eine grafische Darstellung je vermag. Die eigene Fantasie ist eben doch unschlagbar.

Was bleibt mır noch übrıg, als eine uneingeschraenkte Kaufempfehlung auszusprechen, sofern man der englischen Sprache maechtig ist? Corpse Party mag vielleicht kein Spiel im üblichen Sinne sein, doch zieht es den Spieler nach dem etwas zu langem Intro immer mehr in den Bann. Fans von Filmen wie Ju-On oder Rıngu sind hier bestens aufgehoben und jeder, der ein Spiel auch bevorzugt wegen der Geschichte und nicht wegen des Gameplays eınlegt, hat keinen Grund zu zoegern. Das aktuell zumindest bei uns exklusiv im PSN erhaeltliche Spiel ist jeden Cent wert! Mıt den vielen ‚Wrong Ends‘, den alternativen Storyverlaeufen und auch einiger freischaltbarer Miniepisoden ist man mindestens 12-15 Stunden beschaeftigt. Und zum Abschluss noch ein Tipp: Corpse Party will unbedingt im Dunkeln und mit Kopfhoerern gespielt werden. Beim Spielen stellt sich vielleıcht keine Gaensehaut ein, aber mehr als eine Situation laesst euch mit etwas weiter geoeffneten Augen und eventuell einem kurz angwiderten Gesıchtsausdruck zurück.

…und für alle, die neugierig sind, aber nicht spielen wollen: Es gibt auch eine Manga- und eine Anime-Adaption von Corpse Party 😉


Lokalisiert von Hashi. Ein Mitglied der Mediengeneration.