Akihabara – für die einen einfach nur ein Stadtteil von Tokio, für die anderen das Mekka für Technikfreaks, Nerds und Gamer. Sucht man nach einem bestimmten Spiel, Sammlerstück oder nach sonst irgendwas, was kaum einen normalen Mensch interessiert, findet man es dort. Mit etwas Geduld und guten Sprachkenntnissen findet man dort auch das SEIYU Café (frei übersetzt „Das Café der Stimme“), in dem man sich nach langen Einkaufstouren vom massiven Einsatz der Kreditkarte etwas erholen kann. Das besondere an diesem Café sind die Angestellten, die allesamt Sprecher und Sprecherinnen bekannter Anime- und Gamecharaktere sind.
Ein Schwätzchen mit Ryo Hazuki
Der Besitzer und Betreiber des SEIYU Cafés ist Masaya Matsukaze. Für alle, denen dieser Name so ganz spontan nichts sagt: Matsukaze ist die japanische Stimme von Ryo Hazuki, der Protagonsit unser aller Lieblingsspiel Shenmue. Sein Geschäftsmodell ist zumindest in Japan keine neue Idee. Während in der westlichen Welt Prominente bestenfalls mit Presseausweis oder bei gewonnenen Meet & Greets ein paar Fragen beantworten, versucht man in Nippon den „Star zum Anfassen“ zu etablieren. Auch wenn die Sprecher nicht gerade zum Mainstream-Fantum gehören – hierzulande würde man wohl am ehesten B- bis Z-Prommi dazu sagen – gibt es doch genug Fans für diese Nische. Wann hat man schon mal die Chance bei frischen Obstsalaten und diversen Säften mit einem persönlichen Idol in ein Gespräch zu kommen? Wer noch etwas Kleingeld übrig hat, kann sich von einem der vielen Angestellten auch eine Art Zitat-CD mit passenden Phrasen der vertonten Helden besprechen lassen. Akihabara, der Ort an dem ich einmal mit fremden Geld und gutem Dolmetscher sein will!
„Do you know of a place where sailors hang out?“
Nintendo hat bekannt gegeben, dass die WiiU nicht abwärtskompatibel zum Gamecube sein wird. Nicht, dass diese Meldung weiter erwähnenswert wäre, aber die Reaktionen darauf verwundern mich dann doch sehr. Man wirft Nintendo Abzocke vor, weil man so ja die alten Spiele wieder als Download verkaufen könne. Man prangert Kundenunfreundlichkeit an, weil man die Wünsche nach dieser Unterstützung nicht respektiert. Man mutmaßt, dass die wirklich guten Spiele in HD-Neuauflagen vermarktet werden sollen und ohne Abwärtskompatibilität ein Verkaufsargument mehr vorhanden wäre. Geht’s eigentlich noch?
Die anderen haben es schon längst eingesehen
Was haben die Leute damals gejammert, als XBox360 und PS3 nur eingeschränkt (wenn überhaupt) alte Spiele unterstützt haben. Im Web wurden riesige Listen geführt, welche Games in welchem Umfang auf den neuen Kisten überhaupt noch laufen. Die Hersteller hatten damit mehr Ärger mit den Kunden und deren Zufriedenheit, als mit „aktuellen“ Problemen der Konsolen. Sony hat es sich dann einfach gemacht und nach der ersten Baureihe der PS3 einfach jede PS2-Unterstützung eingestellt und Microsoft hat die Liste der kompatiblen Spiele nicht mehr erweitert.
Und? Vermisst heute wirklich irgendjemand ein Feature, das im Grunde nur den Übergang zur nächsten Generation erleichtern soll? Wenn ich heute schon Leute über miese Grafik bei aktuellen Spielen jammern höre, nur weil Texturen etwas matschiger sind und die Umgebung nicht so lebendig animiert ist, ist es doch mehr als fraglich, dass sich sojemand überhaupt nochmal an vergangene Generationen heranwagt.
Liebhaber spielen nur Original
Ganz ehrlich: Wie weit soll eine Konsole denn überhaupt abwärtskompatibel sein? Ich kaufe mir eine neue Konsole, um auch neue Spiele zu spielen. Abwärtskompatibilität ist bestenfalls ein Goodie, um Leuten die Möglichkeit zu geben ihre alte Hardware zu verkaufen ohne auf das eine Lieblingsspiel verzichten zu müssen. Aber wie oft spielt man dieses Spiel wirklich und dann noch auf neuer Hardware und möglicherweise mit anderem Controller? Ich selber habe das bis heute nur zwei mal genutzt (Final Fantasy VI über GBA-Slot des DS und Eternal Darkness via Wii) und auch nur, weil ich das Originalgerät nicht besitze. Bei allen anderen Konsolen ist’s mir wurscht, weil ich Geräte nach wie vor zu Hause stehen habe und bei Bedarf auch wieder einschalte. Nur so machen die alten Spiele auch wieder Spaß 🙂
Und jetzt denkt mal scharf nach: Kauft hier noch irgendwer Spiele für die erste Playstation? Sucht hier jemand teure Klassiker auf ebay oder auf Flohmärkten, um sie dann auf PS2 oder PS3 spielen zu können? Nein! Jemand, der viel Geld für einen Klassiker ausgibt will das Spiel entweder nur in die Vitrine stellen oder so Original wie möglich spielen. Alle anderen laden sich das Game einfach für 5 Euro im PSN runter (oder nutzen am PC irgendwelche Emulatoren). Alle anderen behalten ihre alten Spiele, die passenden Konsolen direkt dazu und freuen sich einmal im Jahr darüber, noch ein „altes Schätzchen“ spiele zu dürfen – von Abzocke kann da dann keine Rede mehr sein.
Ich weiß, seit fast zwei Monaten hab ich mein Videospieljahr 2011 nicht mehr aktualisiert. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich momentan einfach nicht die Muse hab mich mit einem Spiel ausgiebig zu beschäftigen. Den letzten Monat tingelte ich zwischen drei Spielen hin und her ohne eines zu beenden – bis jetzt 😉
Als oller Strategiefan, der noch so Sachen wie Panzergeneral und Warcraft (nein, nicht World of Warcraft) auf dem PC gespielt hat, als sie auf den Markt kamen, freue ich mich immer, wenn es für dieses Nischengenre neues Futter gibt. R.U.S.E. bedient dabei genau meine kleines Interessengebiet und ist genau das Richtige für den geplagten Strategiefan, der den PC seit Jahren nicht mehr nachgerüstet hat. Normalerweise werden solche Titel bestenfalls für die verschiedenen Plattformen portiert und grob an die Controller angepasst. Dabei kommen entweder unendliche Menü-Bäume, eine absolut überladene Steuerung oder eine unterirdische Truppenverwaltung heraus. R.U.S.E. schafft es aber genau diese Fehler nicht zu machen und präsentiert sich als guter Titel für Wohnzimmergeneräle.
Das übliche, aber doch irgendwie anders
R.U.S.E. bedient sich ganz klassisch am Szenario des zweiten Weltkriegs. Als amerikanischer Befehlshaber beginnt die Strategenkarriere wie gewohnt in Afrika, bewegt sich zum D-Day und findet ihren Höhepunkt während der Invasion durch Benelux und Deutschland. Soweit bleibt also alles beim Alten. Neu dagegen ist die Darstellung des Kampfgebiets und – man höre und staune – die Story. Man übernimmt die Rolle eines aufstrebenden Offiziers, der wegen seiner strategischen Fähigkeiten schnell auf der Karriereleiter hinaufsteigt. Ihm steht ein erfahrener Offizier zur Seite, der zum einen die Rolle des Beraters während des Kampfes und zum anderen die des misstrauischen Soldaten, der an jeder Ecke Betrug und Verrat wittert, einnimmt. Spionage, selbstsüchtige Befehlshaber und falsche Entscheidungen bilden den Rahmen der Geschichte, die den Spieler von Kampf zu Kampf führt.
Als Major oder General hat man in der Regel natürlich nichts an der Front verloren. Kämpfe werden am Schreibtisch und auf der Landkarte ausgetragen. Da aber das Herumschieben von statischen Einheiten in einem Strategiespiel nicht sehr spannend wäre, bedient sich R.U.S.E. eines kleinen Tricks. Man kann das Schlachtfeld stufenlos ein- und auszoomen, wobei die größte Entfernung nur einen Tisch mit der kompletten strategischen Darstellung des Kampfes zeigt. Die höchste Zoomstufe lässt dagegen eine Einheit fast den kompletten Bildschirm füllen. Die Geräuschkulisse passt sich der Zoomstufe an. Befindet man sich im Konferenzraum hört man im Hintergrund klingelnde Telefone, Feldsprüche und ruhige Befehle, doch sobald man in das Kampfgeschehen einzoomt, hört man die hektischen Feldbefehle, Schüsse, Explosionen, Tiefflieger und alles andere, was man mit einem Kriegsgebiet assoziert. Das ist natürlich nicht nur ein künstlerischer Kniff, sondern für die strategische Planung lebenswichtig. Durch das schnelle Zoomen hat man sofort die volständige Kartenübersicht bzw. die genaue Kontrolle über eine Einheit oder einer Einheitsgruppierung.
Die einzelnen Schlachten laufen in Echtzeit ab. Man wird zu Anfang grob über die Situation und das Einsatzziel in Kenntnis gesetzt und dann geht’s los. Man eskortiert Truppenverbände, man zerstört feindliche Gebäude oder man erlangt die Kontrolle über das gegnerische Hauptquartier. Die Missionen bleiben dabei recht abwechslungsreich, da man zum einen nicht der C&C-Tankrush-Tradition folgt und man zum anderen stets in sich ändernde Missionsziele und Zusatzziele verwickelt wird. So steht man nicht selten vor der Situation, dass ein Plan einfach nicht aufgeht, weil von irgendwoher eine noch unbekannte Waffengattung oder andere Widrigkeiten auftauchen. Zudem hat man nur in den seltensten Fällen das komlette militärische Arsenal zur Verfügung. Es dauert schon fast das halbe Spiel, bis man alle Truppenarten kennt und dann kann man oft nicht alles einsetzen, weil man entweder mal keine Produktionsgebäude bauen kann, schlechte Witterung den Einsatz bestimmter Truppen nicht erlaubt oder man erstmal gegnerische Fabriken einnehmen muss, um überhaupt mal Verstärkung produzieren zu können.
Der Schwierigkeitsgrad ist über weite Strecken zumindest für erfahrene Strategen sehr niedrig. Gerade im ersten Spieldrittel hat man oft das Gefühl eher ein Tutorial zu spielen, da euch euer Berater ständig vorkaut, wie man auf die aktuelle Situation reagieren soll. Spätestens nach der Invasion zieht der Schwierigkeitsgrad aber ordentlich an und gegen Ende des Spiels gerät man in Multifrontenschlachten, in denen man unter Zeitdruck genau koordinierte Angriffe einleiten und Verteidigungen aufbauen muss, um das Missionsziel zu erreichen. Spätestens an diesem Punkt ist eine gewisse Stressresitenz von Vorteil, denn das 20fache wiederholen einer 30- bis 45minütigen Mission geht an die Substanz. Nein, man kann während der Missionen nicht speichern. Es gibt lediglich Checkpoints, die man bei einem Neustart wieder aufgreifen kann, doch nützt einem das auch wenig, wenn man vorher schon den entscheidenden Fehler gemacht hat, der unweigerlich zur Niederlage führt.
Gameplay mit Zoomfeature
Strategie macht Laune
R.U.S.E. ist genau das Richtige für Leute, die mal wieder Lust auf ein Strategiespiel haben und nicht viel Geld ausgeben wollen. Als UK-Import ist das Game schon für ca. 10 Euro zu haben und auch in Deutschland kostet es nicht mehr die Welt. Die Inszenierung der Schlachten brennt zwar kein Grafikfeuerwerk ab, aber für dieses Genre ist die Umsetzung zweckmäßig ansehnlich und übersichtlich, was für einen solchen Titel nicht unerheblich ist. Die Steuerung geht dem Spieler bereits nach wenigen Minuten ins Blut über und lässt zu keiner Zeit eine Maus oder Tastatur vermissen. Krämpfe aus C&C-Zeiten bekommt man jedenfalls nicht. Neben den Kämpfen zeichnet sich R.U.S.E. durch die gut gemachte Rahmenhandlung aus. Man ist kein namenloser Offizier, sondern ein „echter“ Charakter, der zwischen Verrat, Rivalität, Loyalität und Leidenschaft irgendwie versucht seinen Teil für sein Vaterland beizutragen. All das wird durch den typisch amerikanischen Kriegsfilm-Soundtrack untermalt. Bombastische Orchesterklänge mit viel Dramatik und einem ordentlichen Schuss Pathos vermitteln das typische Hollywoodgefühl.
Fall das alles noch nicht reicht, bietet das Spiel auch umfangreiche Multiplayeroptionen, auch wenn diese nicht gerade von Mitspielern überfüllt sind. Habt ihr aber einen Kumpel, der ebenfalls diesem Genre zugetan ist, habt ihr zumindest einen, mit dem ihr zocken könnt – und sagt mir Bescheid, wenn ihr on seid. Ich kenne nämlich niemanden, der noch Bock auf Strategie hat 😉


