Vier Teams sind es noch, die um die Deutsche Eishockey Meisterschaft kämpfen. Eisbären Berlin, Kölner Haie, Krefeld Pinguine und Grizzly Adams Wolfsburg kämpfen in den Playoff-Halbfinals um den Einzug in die Finalrunde. Soweit so gut und jeder mehr oder weniger Eishockeyinteressierte dürfte jetzt schulterzuckend vor sich hin gähnen. Mir geht es – wieder mal – um das Medieninteresse. Ich will mich nicht über die Übertragungen auf ServusTV beklagen, die absolut erstklassig sind und mehr Spaß machen als alles, was Premiere/Sky in den vergangenen Jahren serviert haben. Nein, mir geht es mehr um die Berichterstattung im geschriebenen Internet. Ich finde es ja oberflächlich ganz ok, wenn sich sportschau.de mal dazu hinreissen lässt einen Spielbericht online zu stellen, und auch suedeutsche.de, n24.de, ran.de, rp-online.de (um nur ein paar zu nennen) lassen sich damit nicht lumpen. Ich finde es nur schade oder vielmehr erschreckend, dass es keine der genannten Redaktionen für notwendig befindet vor Ort dabei zu sein oder sich zumindest mal redaktionell mit dem Ereignis auseinanderzusetzen. Was man findet ist lediglich die wortwörtlich übernommene Meldung der dpa (Deutsche Presse Argentur) und des sid (Sport-Informationsdienst) – dieses Vorgehen wurde mir zumindest von @sportschau per Twitter bestätigt. Ich würde mich ja nicht so drüber aufregen, wenn man nicht gerade den direkten Vergleich mit dem Champions League Viertelfinale hätte, welches gestern zeitgleich mit den DEL-Halbfinals ausgetragen wurde. Selbst zu den Spielen ohne deutsche Beteiligung findet man unzählige individuelle Kommentare, Analysen, Interviews oder deren Interpretationen. Ich weiß, ich weiß: Deutschland einig Fußballland, König Fußball regiert, 11 Freunde müsst ihr sein, aber mangelt es Deutschland wirklich so sehr an Interesse, dass nicht einmal die Öffentlich-Rechtlichen 500 eigenverfasste Wörter eines Online-Praktikanten zusammenbekommen? Hey, fragt doch einfach mal rum! In euren Redaktionen sitzt bestimmt einer, der schon mal das eine oder andere DEL-Spiel gesehen hat. Der bekäme sicher etwas besseres auf’s Papier/ins Netz, als diese 08/15 Copy & Paste Nummer. Ich mein ja nur…
Heute ist mein erster Tag, an dem ich in Ruhe von morgens bis abends Olympia gucken kann. So sitze ich hier stilecht mit Trainingshose auf der Couch, habe die Öffentlich-Rechtlichen eingeschaltet und einen Livetream auf dem Notebook laufen. Nach 6 Tagen in London brauche ich das jetzt, denn so schön das Erleben der Spiele, der Stimmung und der Atmosphäre live vor Ort ist, man bekommt während des Tages kaum etwas anderes mit, als das, was man an den Wettkampfstätten sieht.
Kein Olympia ohne Feuer
Aber was soll’s! Wenn man zum größten Sportfest der Welt fährt, will man was erleben und nicht die maximale Ergebnisabdeckung erreichen. So haben wir beispielsweise die letzte Ankunft des olympischen Feuers an der Tower Bridge erlebt. Wir wussten nur, dass die Flamme mit der „Royal Barge Gloriana“ über die Themse gefahren wird und irgendwann am Tower ankommt. Wir waren so gegen 9 Uhr da, um zu erfahren, dass die Ankunft ungefähr um 13 Uhr sein wird. Joah, damit hatten wir zumindest schon mal gute Plätze – die besten, um genau zu sein, denn näher ging wirklich nicht mehr – aber was macht man 4 Stunden lang? Einschlägige Kaffeebars, nervige US-Klischee-Teenies und unterhaltsame britische Seniorinnen haben die Zeit zumindest interessant gestaltet. Die sich nähernden Helikopter – einer von der BBC und zwei vermutlich für die Security – waren dann das Signal, dass das Warten bald vorbei ist. Als die Barke dann um die letzte Biegung kam, waren tausende Zuschauer auf beiden Seiten der Themse, auf den Brücken und an den Fenstern der umliegenden Gebäude nicht mehr zu halten. Jubel, Applaus und Kommentare wie „Right now I’m so proud to be british“ haben für uns die Olympischen Spiele schon vor der Eröffnungsfeier eingeläutet. Es ist schon erstaunlich, welche Emotionen ein bisschen Feuer auslösen kann.
Was machen drei oder mehr Engländer, wenn sie sich treffen?
Sie bilden eine Schlange! Diese Eigenschaft kam den Organisatoren sicher entgegen, denn entgegen aller Prognosen gab es zumindest während unserer Londoner Zeit keine Probleme durch Menschenmassen in der Tube, auf den Straßen oder bei den Austragungsorten. Was dagegen extrem bescheiden war, war das „Public Viewing“-Angebot in der Stadt. London hat immerhin jeweils einen großen Teil des Hyde Parks und des Victoria Parks für Fan Areale freigegeben. Dummerweise waren gerade am Tag der Eröffnung die Nicht-Londoner wie wir extrem benachteiligt, denn irgendwie wussten Leute von Außerhalb nicht so recht, wo man hingehen kann und wo Eintritt verlangt wird. So haben wir uns zum nah gelegenen Hyde Park durchgeschlagen, nur um zu erfahren, dass dort ein Konzert mit Snow Patrol und Duran Duran stattfindet – 69 GBP Eintritt, natürlich ausverkauft. Die Underground-Station, aus der wir kamen war zu einer „Exit only“ Station umfunktioniert worden, so dass wir erst ein Stück laufen mussten, um mit anderen Abgewiesenen zum Victoria Park zu fahren. Da sind wir prompt in den Einlass zum Olympic Park zur Eröffnungsfeier geraten, was mit Ticketbesitzern und -suchenden, politschen und religiösen Kundgebern und Verirrten wie wir etwas übervölkert war. Dank der freundlichen Helfer haben wir dann irgendwie den richtigen Bus erwicht und sind bis zum Victoria Park gekommen. Welch eine Überraschung: lange Schlangen und keine Bewegung, zwei Stunden vor der Feier. Um die Dimension der Reihen zu verdeutlichen: Wir sind ein paar Minuten an Menschen vorbeigegangen, bis wir das Ende gefunden hatten, während wir nicht mal die Einlasszone gesehen haben. Nach netten Schwätzchen mit Schotten, Engländern und Schweitzern haben wir es irgendwann aufgegeben und haben uns die Feier doch lieber im Hotel angeguckt.
Apropos Public Viewing: Obwohl die Briten mehr als sportbegeistert sind hat man auf der Insel das Prinzip des gemeinsamen Schauens noch nicht ganz erfasst. Die zwei großen Zonen in der Stadt wurden hermetisch abgeriegelt und erinnerten von außen mehr an die Berliner Mauer, als an ein Fanfest. Am Einlass musste man zuerst durch einen Metalldetektor, dann wurden die Taschen gründlich durchsucht und abgetastet wurde man obendrein. Solche pingeligen und penetranten Kontrollen gab es bei keiner Sportveranstaltung. Interessanterweise diente die Kontrolle in erster Linie dem Kommerz, denn jegliche Art von Lebensmittel musste vor Betreten des Geländes verzehrt oder entsorgt werden. Mit Müh und Not durften wir wenigstens eine Dose Kaugummis mitnehmen. Innen gab es dann 5 mittelgroße, aber nicht überragende Bildschirme, unzählige Fressbuden und keinerlei Sitzmöglichkeit, wenn man vom Sägespanbelag absieht. Nach 30 Minuten haben wir dann wieder die Flucht angetreten, da es weder Stimmung noch Atmosphäre gab. Es war eine reine Abzock-Anlage und absolute Raum- wie Zeitverschwendung. Erstaunlicherweise haben wir auch nur wenige Lokale mit Fernsehern gefunden. Wenn ich daran denke, wie in Deutschland in jeder Eckkneipe noch TVs augebaut werden, solange man damit Gäste locken kann, war die mediale Abdeckung in London eher dürftig. Hat man aber den richtigen Pub gefunden, war die nächste Mahlzeit mit passendem Malzerfrischungsgetränk geklärt 😉 Glücklicherweise ist die Innenstadt auch mit kostenlosem WiFi ausgestattet, so dass man regelmäßig die London2012 Result App checken konnte.
Gute Stimmung, noch bessere Laune
Wie gut, dass wir die meiste Zeit auf den einzelnen Sportstätten zugebracht haben, denn hier herrschte die wirkliche, unverfälschte Olympiastimmung. Und ich meine das völlig ohne Ironie, denn hier wurde man in einem vernünftigen Maß kontrolliert, konnte je nach Gelände sogar Verpflegung mitnehmen und musste keine Horrorpreise zahlen, wollte man sich vor Ort mit Essen und Getränken eindecken. Sogar das typisch englische Gratiswasser stand zur Verfügung, indem man sich seine Flaschen wieder auffüllen konnte. Sowas könnte man hier durchaus auch mal einführen!
Dank des vorbildlichen Publikum-Leitsystems, das in der gesamten Stadt präsent war, war schon die Anreise zu den Venues absolut stressfrei. Zugegeben, wenn mehrere tausend Menschen unterwegs sind, wird es eng, aber die britische Neigung zur Schlangenbildung und die stets gut gelaunten Stewarts und freiwilligen Helfer haben maßgeblich zur guten Stimmung beigetragen. Selbst Regenschauer beim Radrennen oder beim Rudern waren für niemanden ein Problem. Die Fans haben sich untereinander ebenfalls bestens verstanden. Als scheinbar einziger Deutscher auf einer ebenfalls scheinbar ausschließlich mit Briten besetzten Tribüne kommt man sich zwar bei der Vorstellung seiner Athleten recht einsam vor, aber wohlwollendes Lachen und Schulterklopfen von der Reihe hinter mir konnten das wieder ausgleichen. Wenn es irgendwelche Receintements uns gegenüber gab, haben wir nichts davon mitbekommen.
Spaß an der Arbeit ist nicht selbstverständlich
Team GB
Die Stimmung hing natürlich an den Athleten der Insel, die medial zum Team GB gepusht wurden. Da es bei diesen Spielen doch hauptsächlich ein Heimpublikum gab, stieg der Lautstärkepegel entsprechend, sobald ein Landsmann angekündigt wurde. Ich denke sowas ist auch selbstverständlich, doch irgendwie haben es vor allem die Damen und Herren der Presse nicht so recht verstanden, dass es auch andere Nationen gibt. Logisch, das jeweilige Land berichtet mit Schwerpunkt auf die eigenen Athleten, aber dass man beispielsweise bei einem Schwimmfinale ungefähr 5 Minuten warten muss, bis die Ergebnistafel eingeblendet wird, um den Sieger zu sehen, nur weil eine Britin Bronze gewonnen hat und selbst beim Anschlag die Kamera nur auf diese Bahn gerichtet war, darf selbst der BBC nicht passieren. Darüber hinaus wurde im TV eher eine Wiederholung eines Events mit Union Jack Teilnehmern gezeigt, bevor man einen Sport ohne britische Beteiligung ausstrahlt. Randsportarten suchte man vergebens. Erstaunlicherweise konnte man aber jederzeit ein Spiel der olympischen Fußballturniere sehen, was bei uns medial im Prinzip gar nicht existiert – die spinnen, die Briten! On Top konnte man als Deutscher nicht die Apps der BBC nutzen, mit denen man auf Streams aller Wettkämpfe hätte zugreifen können, während leider auch die Apps von ARD und ZDF gestreikt haben. Die einen haben gemeckert, weil das Endgerät nicht zum Land passte, die anderen wollten nicht über die Landesgrenze hinaus funktionieren. Mit PC hätte ich noch ein paar Hintertürchen gefunden, aber mit dem Smartphone waren die Möglichkeiten doch begrenzt. Dumm gelaufen, aber ein allabendliches Lesen der deutschen Highlights im Internet war auch nicht so übel.
Dabei fällt mir noch das deutsche Haus ein. Was für eine Enttäuschung! Da hat man im Fernsehen über Jahre die Illusion, dass man dort Sportler bei einem gemütlichen Bier treffen kann, vermittelt bekommen, aber kommt man dort an sieht die Sache direkt ganz anders aus. Das deutsche Haus ist nur mit Akreditierung betretbar und das „gemütliche Bier“ gibt es nur überteuert beim „Fanfest“ nebenan – 5 GBP (6,3 Euro) für ein 0,5 Hefeweizen oder 2,5 GBP (3,1 Euro) für einen kleinen Becher Kaffee (Sirup kostet extra) sind selbst für London teuer. Wenigstens konnte man ein paar Minuten deutsches Fernsehen gucken, aber da man sich dort wohl auch lieber selbst darstellt, anstatt Sport zu zeigen, wurde beispielsweise die Mannschaftsentscheidung im Turnen mittendrin abgeschaltet, um ein paar „Vorstandsmitglieder“ vorzustellen. Mein Tipp für alle Olympiareisende: Meiden, wenn man nicht gerade bis Mitternacht auf Medalliengewinner warten will!
Jederzeit wieder
Unter’m Strich haben wir viel erlebt und noch mehr Spaß gehabt. Volleyball, Straßenrennen, Fechten und Rudern unter den olympischen Ringen zu erleben war allein ganz sicher schon die Reise wert. Die Atmosphäre war einmalig und ist mit keinem anderen Sportevent, bei dem ich bisher war, vergleichbar. Wir haben das olympische Feuer gesehen, wir sind den deutschen Beachvolleyballern Brink/Reckermann begegnet und haben Autogramme auf unsere Fahne abgegriffen, haben uns beim Fechten auf die reservierten Athletenplätze geschmuggelt, überall nur nette Leute getroffen und die Stadt in uns aufgesogen (ohne zu husten). Die „Team GB Manie“ war zumindest in der Berichterstattung etwas nervig, aber wenigstens wurden uns so die Heulereien über die deutschen Schwimmer erspart 😉 Ich bedauere nur, dass wir nicht die Gelegenheit hatten den Olympic Park zu sehen. Wir hatten keine Tickets für eine der Events dort und die Geländekarten waren ebenfalls ausverkauft. Jetzt freue ich mich schon auf Rio, auch wenn ich das wohl wieder nur von der Couch sehen werde. Ach, und ein T-Shirt habe ich mir nur nicht gekauft, weil mir blau einfach nicht steht 😉
Die Videos sind übrigens alle von mir.