Feb 23

Der Kunde ist Präsident


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Seit geraumer Zeit ist meine Freude an Videospielen ein wenig eingeschlafen und ich kann mir nicht erklären woran das liegt. Werde ich zu alt? Bestimmt, aber das ist sicher kein ausschlaggebender Grund. Vielleicht wiegt er aber doch schwerer, als ich mir eingestehen will, denn mit so mancher Entwicklung auf dem Spielemarkt habe ich so meine Probleme.

Multiplayer Social Media Ringelpiez mit Anfassen

Unter diesem Aspekt scheinen aktuell sehr viele Games produziert und auf den Markt geworfen zu werden. Mir ist schon klar, dass ein Cash-Cow-Genre wie Egoshooter in erster Linie nur mit einem guten Multiplayer verkauft werden kann. Auch wenn ich mit Online-Shootern nur wenig anfangen kann erkenne ich das Spaßpotenzial solcher Spiele voll und ganz an. Warum aber immer mehr andere Genres, die traditionell nur wenig bis gar nichts mit der Interaktion zwischen Spielern zu tun haben, um diese Schiene erweitert werden erschließt sich mir nicht. Da wäre beispielsweise das kommende Mass Effect 3, dessen Demo ich am Wochenende getestet habe. Was soll das? Dieses Onlinegeballer auf kleinen Maps gibt es doch schon seit mehr als einem Jahrzehnt auf dem PC und ist auch im Konsolenbereich schon seit Jahren vertreten. Wen interessieren denn da noch weitere Ableger? Mass Effect ist ein Rollenspiel mit starkem Actioneinschlag. Nichts desto trotz spielt man die Spiele nicht wegen der Shootouts, sondern wegen der Atmosphäre, der Charaktere und der Geschichte. Liebloses und anonymes Gegnerwellen aufhalten ist sicher nicht der Inhalt, auf den sich die Mehrheit der Vorbesteller freut, auch wenn der Modus irgendwie in die Story integriert wurde. Wenn schon für ein Franchise wie Metal Gear Solid in diesem Jahr die Server für Onlinegamer abschaltet werden, warum sollte es einem Mass Effect besser ergehen?

Als Sahnehäubchen mit Kirsche oben drauf kommen dann die ganzen Social-Media- und Konto-Verknüpfungen, die man ja mittlerweile braucht, um ein Spiel überhaupt richtig spielen zu können. Ich fand es beispielsweise sehr interessant, dass ich nach dem Spielen der Demo von Kingdoms of Amalur: Reckoning erst mal zwei Emails an die mit meiner Konsole registrierten Adresse erhalten habe, die mir diverse Boni versprechen, wenn ich in die Werbetretmühle einsteige. Ich bin mal gespannt, wieviel Spam ich da noch zu erwarten habe. Aktionen wie „like me“ und man bekommt noch eine Extrawaffe oder sonst was arten schon mehr im virtuellen Schwanzvergleich unter den Publishern, als im Marketing aus. Als potentieller Kunde kann das zwar ignorieren, aber die Penetranz, mit der man immer wieder in diese Richtung geschubst wird, geht mir persönlich schon sehr auf die Nerven.

Bezahl mich, nur mich, so oft es geht

Dann wäre da die immer widerkehrende Diskussion über den Kauf und Verkauf von gebrauchten Spielen. Auch wenn ich nur selten zu Second Hand Games greife ist es manchmal doch wirklich dankbar, wenn man ein DS-Spiel für 10-15 Euro auf dem Flohmarkt anstatt der 30-40 Euro beim Händler kaufen kann. Gerade auf dem (bisherigen) Handheldmarkt kann man noch immer viel Geld sparen und trotzdem ein vollständiges Spiel bekommen. Ich wüsste nicht, dass sich Nintendo bisher über Absatzprobleme bei DS-Spielen beklagt hätte, obwohl der Raubkopiermarkt so stark war, wie zuletzt vielleicht noch zu Playstation-Zeiten. Dann kommen aber die armen Publisher und sagen, dass durch den Gebrauchthandel imense finanzielle Schäden entstehen und man dagegen vorgehen müsse. Die anfänglichen Ansätze mit kostenpflichtigen Bonusinhalten, die für den Erstkäufer kostenlos sind, lasse ich mir dabei ja durchaus gefallen. Als Käufer eines Neuwagens habe ich schließlich auch Vorteile gegenüber dem Gebrauchtwagenkäufer. Wenn solche Maßnahmen aber immer mehr in Geräte- und Kontobindungen abdriften, wie es in vielen Fällen auf dem PC schon etabliert ist, hört der „Spaß“ auf. Als Konsument ist es schließlich mein gutes Recht mein Eigentum wieder zu verkaufen, wenn ich es nicht mehr brauche.

So schnell wie möglich

Aktuelle Spiele neigen immer mehr zum Kurz-Aber-Knackig-Spielerlebnis. Umfangmonster wie Skyrim oder Xenoblades: Chronicles sind glücklicherweise noch nicht so selten, dass man sie suchen müsste, aber auch hier wird zumindest die Möglichkeit geboten einen Rush zu spielen. In wie weit das sinnvoll ist sei mal dahingestellt, aber ich habe schon mehr als einmal gehört, dass man ein Spiel lieber so schnell wie möglich beendet, anstatt sich ausgiebig damit zu beschäftigen. Diese Tendenz kann ich nicht nachvollziehen und ich streiche immer häufiger Spiele von meine Liste, sobald ich die durchschnittliche Spielzeit erfahre. Hier laufen auch die Taktiken der Publisher in entgegengesetzte Richtungen. Wie soll man als durchschnittlicher Spieler all die Spiele daddeln, wenn man nach kurzer Zeit wieder 60 Euro locker machen muss und der durchgespielte Kram nicht mehr vernünftig verkauft werden kann?

Es wird Zeit für die Notbremse

Unter’m Strich gibt es also immer weniger Spiele, die mich interessieren, angeblich immer mehr Spieler, die kein Problem mit der aktuellen Entwicklung haben und ein wachsende Zahl von Publisher, die in erster Linie ihre Gewinnspanne stetig um ein paar Promille steigern wollen. Und ich weigere mich zu glauben, dass ich mit dieser Kritik alleine bin. Der „König Kunde“ wurde nach und nach zum Präsidenten nach deutschem Vorbild degradiert: Man kann schöne Reden schwingen, aber nichts ändern. Es wird wirklich Zeit die alten Machtverhältnisse herzustellen. Oder wollen wir wirklich die totale Kontrolle der Hersteller über unser Hobby?


1 Kommentar zu “Der Kunde ist Präsident”


  1. Genesis
    sagt:

    Du sprichst mir aus der Seele Kollege.
    Kann dir eigentlich überall nur Zustimmen. Die Sache mit dem Gebrauchtmarkt und den Kontenverknüpfungen… Dazu kommen noch die Online-Pässe.
    Ich persönlich zocke nicht sehr viel Online. Viel lieber genieße ich ein Spiel mit über 20 Stunden Spieldauer und tauche in die Welt und die Charaktere ein als immer wieder das selbe Schema in hunderten Online-Partien abzuarbeiten.

    Klar solche Games wie Battlefield 3 setzten eindeutig auf Multiplayer und das passt ja auch so. Aber braucht man in Dead Space 2 oder Mass Effect 3 wirklich einen Online-Modus? Noch dazu wenn diese ohne großartige Neuerungen daherkommen. Also Spiele die wir in einer ähnlichen Form schon vor zig Jahren erlebt haben?

    Wozu brauche ich in einem Videospiel das ich mir ganz klar wegen dem Einzelspieler-Part kaufe einen Multiplayer-Modus? Klar Ausnahmen gibt’s auch. Der Multiplayer in Assassin’s Creed machte mir in letzter Zeit wirklich großen Spaß. Aber einen vergleichbaren Modus hat es ja vor AC nicht gegeben.

    Ich könnte sehr gut auf all die Online-Modi verzichten. Lieber kaufe ich mir ein Final Fantasy um einen guten Singleplayer zu erleben und separat ein Battlefield 3 welches ich hin und wieder fast ausschließlich online zocke.

    Wobei wir ja beim nächsten Thema wären… Zwar verzichtet Square Enix zum Glück „noch“ auf einen Multiplayer in Final Fantasy (Bitte folgt nicht auch noch diesem Trend…), doch Mini-DLCs sind seit XIII-2 anscheinend auch ein Bestandteil der Traditionsserie. Naja die DLCs die bisher erschienen sind waren alle in Ordnung und der Preis war auch in Ordnung. Kostüme und zusätzliche Bosskämpfe gehen klar. Aber wenn man wie bei anderen Spielen mal damit anfängt komplette Kapitel aus zu lassen und diese einige Wochen später als kostenpflichtigen DLC nach zu reichen hört sich bei mir der Spaß auf…

    Naja. Über das Thema könnte ich noch Stunden lang diskutieren… Ich persönlich hoffe jedenfalls, dass die Entwickler in Zukunft wieder Abstand von dem ganzen DLC-Online-Modus/Pass-Social-Gedöngs nehmen um sich erneut aufs wesentliche zu konzentrieren: Tolle Spiele zu entwickeln die man erst garnicht verkaufen WILL.

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