Dez 24

Deus Ex: Human Revolution – Mein Videospieljahr 2011


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Mein Projekt „Jahresendspurt“ läuft auf Hochtouren. Soeben lief der Abspann von Deus Ex: Human Revolution, womit ich dann das erste Spiel von meiner letzten Liste für dieses Jahr noch vor Heiligabend abhaken kann. Deus Ex war für mich wie eine Wundertüte, da ich wirklich keine Ahnung hatte, was mich erwarten würde. Die einen sagten es wäre ein Ego-Shooter, der viel zu einfach wäre, die anderen sprachen von einem Schleichspiel, welches so schon lange nicht mehr gab. Im jedem Fall ist es endlich mal wieder ein Spiel mit Cyberpunk-Setting, das seinem Genre mehr als gerecht wird.

Detroit Rock City

Man übernimmt die Kontrolle von Adam Jensen, dem Sicherheitschef von Sarif Industries, welches für die Entwicklung und den Vertrieb von bio-cybernetischen Erweiterungen, so genannte Augmentierungen, verantwortlich ist. Während eines groß angelegten Angriffs auf die Forschungseinrichtung wird unser Protagonist beinahe getötet und überlebt nur dank massiven Einsatz diverser Augmentierungen, wodurch Jensen mehr Computerchips als Organe in sich trägt. Wieder zurück im Job soll er nun die Hintergründe des Angriffs aufdecken, ohne zu ahnen, welchen Plänen und Verschwörungen er dabei auf die Spur kommt. Die ersten Stationen führen in eine der hauseigenen Produktionsanlagen und in die Polizeistation der Stadt Detroit. Spätestens vor dem Hauptgebäude des DPD steht man vor der ersten großen Entscheidung des Spiels. Wie kommt man am besten rein? Besticht man eine alte Informantin, die ein paar Zugangscodes kennt, sucht man einen Hintereingang, belabert man einen alten Kollegen oder schießt man sich einfach den Weg frei? Möglich ist alles, nur kann man sich mit der „falschen“ Entscheidung das Leben wirklich schwer machen. Das gilt auch für die Verbesserungen, die man am eigenen Körper vornehmen kann. Auch wenn die Kanalisation und Dächer betretbar sind, benötigt man an einigen Stellen die geeignete Augmentierung, um diverse Bereich betreten zu können.

Big City Nights

Die Augmentierungen stellen dabei einen Teil des RPG-Parts von Deus Ex dar. Mit jeder Aktion vom Hacken eines Terminals bis hin zum Beseitigen irgendwelcher Hindernisse verdient man Erfahrungspunkte, die in geeignete Verbesserungen investiert werden können. Hier ist allerdings Vorsicht geboten, denn die Wahl der Cybernetik legt den Grundstein für die eigene Taktik. Einige Augmentierungen sind Voraussetzung für alternative Routen, andere sind notwendig, um im Kampf zu bestehen und wieder andere erleichtern den Zugang zu gesicherten Bereichen. Der schleichende Spieler tut also alles, um sich Zugänge zu erleichtern und unbemerkt zu bleiben, während der Actionfreund seine Schadensresistenz auflevelt. Aber auch hier ist eine gesunde Ballance gefragt, da man früher oder später entweder an eine „unüberwindbare Stelle“ oder an einen harten Bossgegner gerät. Beide Spielertypen werden so gezwungen die jeweiligen Schwerpunkte geeignet zu wählen, ohne andere Eigenschaften zu vernachlässigen.

Der andere RPG-Part besteht aus Gesprächen, die Nuancen der Handlung verändern. Dabei hat man dankenswerterweise auf ein zweidimensionales Gut/Böse-Schema, wie es sich beispielsweise bei Bioware etabliert hat, verzichtet. Stattdessen richten sich die Optionen nach den eigenen Emotionen oder nach dem Charaktertyp des Gegenübers. Um einer Alpha-Persönlichkeit Infos zu entlocken, muss man mit Druck und Härte argumentieren, während eine Beta-Persönlichkeit am besten mit Charme und Schmeicheleien auf die eigene Seite zu ziehen ist. Viele dieser Gespräche sind optional, da sie Teil der vielen Möglichkeiten sind eine Mission anzugehen, aber auch wenn man mit der Taktik „Erst schießen, dann fragen“ unterwegs ist, kommt man an Story relevanten Gesprächen nicht ganz vorbei, um die Weichen für die nächsten Schritte zu stellen.


Viele Wege führen zum Ziel

One Night in Bangkok

Nach den ersten Schritten in Detroit verlässt man für einige Zeit die vereinigten Staaten und reist nach Shanghai. Beide Städte sind das Herzstück der ersten Spielhälfte, da sich hier die meisten Sidequests verbergen und die Welt ohne Gegnerstress frei erkundbar ist. So bekommt man die Möglichkeit einer Prostituierten den Zuhälter vom Leib zu schaffen oder einen Biochip von ein paar zwielichtigen Typen zurückzuergattern. Die Areale sind dabei so abwechslungsreich, wie die einzelnen Aufgaben. In Detroit läuft man durch Slums und gelangt hauptsächlich über Feuerleitern in einzelne Gebäude, während Shanghai eher einem Vergnügungsviertel auf vielen Ebenen gleicht und die Übergänge von Fußwegen auf Dächer fließend sind. Sind auch die Gebäude und alle weiteren Gebiete individuell gestaltet, scheinen die Kanalisationen vom gleichen Architekten zu stammen. Es ist ja nicht so, dass man dort einen Innenarchitekten engagieren würde, aber kleine Unterscheidungsmerkmale wären an dieser Stelle zumindest nett gewesen.

We will rock you

Deus Ex: Human Revolution rockt die Konsole, auch wenn Puristen und Grafikhuren an wenigen Kritikpunkten anecken dürften. So wirken beispielsweise die Animationen der Charaktere während der Gespräche extrem hölzern und sehen ein wenig wie Mechtronikfiguren aus Disneyland aus. Ein weiteres Manko ist das Fehlen einer Waffenkiste, in der man das Arsenal vorrübergehend lagern kann. Das wurde in Spielen wie Resident Evil besser gelöst. Sofern man die Möglichkeit hat, sollte man auch die englische Tonspur wählen. Asynchrone deutsche Sprecher und teilweise eher durchschnittliche Leistungen trüben das Spielerlebnis doch sehr. Auch die freie Wahl der Vorgehensweise ist ein zweischneidiges Schwert. Trotz aller Optionen und Entscheidungsmöglichkeiten ist Deus Ex als waschechtes Sneakgame konzipiert. Man bekommt mehr Erfahrungspunkte, wenn man Gegner schlafen schickt, anstatt sie zu töten, es gibt zusätzliche Punkte, wenn man unbemerkt das Missionsziel erreicht und auch das Entdecken versteckter Passagen wird passend belohnt. Dieser Punkt hat mir zugegebenermaßen nicht wirklich viel ausgemacht, da es viel mehr Spaß macht durch Gänge und Gassen zu schleichen, den besten Weg zu finden und Überwachungsanlagen auszutricksen, als sich stupide durch alle Level zu ballern. Die Musik erinnert an sphärische SciFi-Tracks wie von Mass Effect oder Tron Legacy, die immer dezent im Hintergrund bleibt, auch wenn sie sich stets an die Dramatik der jeweiligen Spielsituation anpasst. Freunde von Spielen wie Thief oder Metal Gear Solid, die eine Atmosphäre wie Headhunter und Snatcher verbreiten und die eine Geschichte erzählen, die Spielen wie Mass Effect zeigen, dass es auch ohne Episoden geht, müssen zugreifen, wenn sie es nicht schon längst getan haben.


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