Auch als Nicht-Fußballfan kommt man in diesen Tagen nicht an der Berichterstattung rund um die Fußball-EM vorbei. Man wird allmorgendlich aus dem Radio beschallt, diverse Magazine haben passende Cover und Schlagzeilen und so ziemlich jede professionelle oder halbprofessionelle Seite im Internet veranstaltet mindestens ein Tippspiel. Eine solche multimediale Aufmerksamkeit ruft natürlich auch diverse Personen des öffentlichen Lebens auf den Plan, die immer wieder mehr oder weniger passend irgendwelche Fragmente aufgreifen, um diese für eigene Zwecke ausspielen zu können. Ignorieren wir mal, dass während der gesamten EM kaum noch jemand ein Wort über die inhaftierte Timoschenko verloren hat oder dass Hunde von der Straße gefangen und verbrannt werden, und vergessen wir auch mal die hanebrüchenen Vergleiche, Metaphern und Bilder, die vor dem Viertelfinale „Deutschland vs. Griechenland“ herangezogen wurden.
Mir geht es vielmehr um unseren lieben Innenminister Hans-Peter Friedrich, der sich insbesondere über Fans und deren Verhalten sehr pikiert, verständnislos und angriffslustig kommentiert hat. Ich will hier gar nicht alles aufzählen, aber mit einer Sache will ich mich nicht abfinden, da sie auch mich und im Grunde jeden deutschen Fan eines Mannschaftssports, der gelegentlich live vor Ort ist, betrifft. Herr Friedrich findet es äußerst bedenklich, dass deutsche Fans auf polnischem oder ukrainischem Boden ein rhythmisches „Sieg!“ skandieren. Wo liegt das Problem? „Sieg“ gehört zum deutschen Wortschatz und findet manighaften Verwendungszweck. Da gibt es beispielsweise eine romantische Pilscherschmonzette mit dem Namen „Sieg der Liebe„. Skandalös oder einfach nur schwülstig? Im Rheinland gibt es einen Fluss namens Sieg. Man ist fassungslos! Und dann gibt es diesen kurzen, prägnanten Begriff, der den Erfolg in einem sportlichen Wettstreit bezeichnet: Sieg!. Jede Zeitung bringt diesen Begriff, sobald ein Deutscher eine bekannte Turniertrophäe erringt oder eine deutsche Fußballmannschaft irgendein Pflichtspiel gewinnt. Es wäre sicher einmal interessant, wie oft der Axel-Springer-Verlag diese vier Buchstaben samt Ausrufezeichen auf der Titelseite abgedruckt hat.
Und aus diesem Wort hat sich vor Äonen ein Fangesang entwickelt, den man seither bei jedem sich abzeichnenden Sieg der Heimmannschaft anstimmt. Man singt es beim Fußball, beim Eishockey, beim Handball und vermutlich auch beim Basketball. Die Fans feiern ihre Mannschaft und demütigen den Gegner. Es klingt ganz sicher einschüchternd, möglicherweise sogar ein wenig militant, aber es ist nur der wiederholte, freudige Ausruf für die eigene Mannschaft, die den Sieg errungen hat.
Wo ist also das Problem, sehr geehrter Herr Innenminister? Waren Sie noch nie bei einem nationalen oder internationalen Sportevent, bei dem Gegner im direkten Wettstreit stehen, dabei? Oder haben Sie händeringend nach einem weiteren Argument gegen die Nazis und rechtsextremen Idioten gesucht, die verbotene Fahnen und das dazu gehörende Gedankengut auf Bannern und in Gesängen verbreiten? Reicht es nicht aus, dass es noch immer viel zu viele Rechte in Deutschland gibt und dass sich Deutschland in der jüngeren Vergangenheit in Sachen Ermittlung gegen die braune Szene alles andere mit Ruhm bekleckert hat? Denn merke: Der Ausruf „Sieg!“ kommt weder von rechts, noch ist er in irgendeiner Weise nationalistisch, solange niemand ein „Heil“ hinten anstellt.
Und ich gebe es zu: Der aktuelle deutsche Innenminister macht mir mehr Angst, je länger er im Amt ist, als es Herr Schäuble jemals tat – und das will was heißen!
200 Artikel | Spontanbesorger sagt:
28. Juni 2012
[…] dem zweihundertundersten Eintrag feiere ich meinen Artikel Nummer 200 von […]
Olympia, wir kommen! | Spontanbesorger sagt:
29. Juni 2012
[…] auf unsere internationale Großeventliste aufnehmen. Vielleicht können wir ja auch irgendwo “Sieg!” skandieren Olympia London 2012 – Wir kommen! Tweet Datum 29. Juni 2012 Abgelegt in […]