Wie so viele Deutsche habe ich am vergangenen Sonntag mit halbwegs regen Interesse die Sendungen zu den Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg verfolgt. Vom Wahlergebnis abgesehen finde ich es dabei immer hochinteressant, wie die jeweiligen Spitzenkandidaten ihr Ergebnis schön reden, sofern man in irgendeiner Form die 5% Hürde genommen hat. Dabei ist mir in einem Interview ein kleiner Satz unserer Bundeskanzlerin aufgefallen, der mich so beschäftigt hat, dass ich den Rest des Gesprächs nicht mehr wahrgenommen habe.
Trotz der prozentualen Verluste im Vergleich zur Landtagswahl 2006 haben wir einen Zuwachs von fast 200 000 (in Worten: zweihunderttausend) Stimmen.
Sinngemäße Widergabe aus dem Kopf ohne Anspruch auf wortwörtlich korrektes Zitat.
Ist es nicht schön, wie die Tatsache, dass man in einer der sichersten CDU-Bastionen verloren hat, mit einem Plus von 200 000 Stimmen einfach mal „in die richtige Relation“ gebracht wird, um den korrekten Weg der Regierung zu untermauern? Jetzt hatte ich eigentlich vor per Dreisatz die Stimmen auf die Parteien zu verteilen, hatte aber gerade noch rechtzeitig die Idee mal Google zu strapazieren und die offiziellen Zahlen zu recherchieren. Diese kurze Recherche ergibt, dass Frau Dr. Merkel grundsätzlich nicht gelogen hat. Aber ein paar andere Fakten sollte man doch zusätzlich betrachten:
Fakt 1
2011 wurden 5 049 157 (in Worten: fünf Millionen neunundvierzig Tausend einhunderseibenundfünfzig) abgegeben. Das sind genau 1 036 716 (in Worten: mehr als eine Million) mehr, als noch 2006, was widerum ein Wählerzuwachs von +25,84% entspricht.
Fakt 2
Mal abgesehen von der FDP hat jede größere Partei einen absoluten Stimmenzuwachs erfahren.
CDU +193.638
SPD +155.652
FDP -159.474
Grüne +742.619
WASG/LINKE +17.853
Vergleichen wir also CDU, SPD, FDP und Die Grünen miteinander, sehen wir, dass die von Frau Dr. Merkel festgestellten 200 000 Stimmen mehr gar nicht so viel wert sind, insbesondere bei einem Verlust von fast 160 000 Stimmen beim Koalitionspartner FDP.
Fakt 3
…ist eigentlich eine Deutung meinerseits, aber drei Fakten sehen einfach besser aus 😉 Es wurden mehr als eine Million zusätzliche Wähler mobilisiert, denen die Politik bislang wohl relativ am Arsch vorbei ging. Wenn man bei einer Steigerung der Gesamtwähler um ein Viertel „nur“ ein Fünftel dieser neuen Wähler abschöpfen kann, muss man keinen Doktortitel der Mathematik führen, um zu erkennen, dass irgendeine andere Partei „etwas besser“ abgeschnitten hat. Minus 5,2 Prozent gegenüber einem Minus von 2,1% (SPD) und einem Plus von 12,5 % (Die Grünen) lassen sich dann doch nicht wegdiskutieren.
Also, Glückwunsch zu 200 000 Stimmen mehr, Frau Dr. Merkel – genützt hat es trotzdem nichts. Mathematik ist eben doch nicht Physik.
Quelle: wahlanalysen.wordpress.com
Hanna Gwosdz sagt:
16. April 2011
Ihr solltet mit Texten dieser Art Geld verdienen, weiter so