Als ich vor ein paar Wochen auf der Suche nach einem „epischen Spiel“ war und Xenoblade Chronicles noch nicht geliefert wurde, wurde mir geraten Fallout 3 zu besorgen. Mehr RPG wäre nicht möglich und die Welt wäre gigantisch, wodurch man locker 100 Stunden beschäftigt wäre. OK, die englische Uncut-Version der Game Of The Year Edition kostete gerade mal 15 Euro und nur kurze Zeit später drehte sich die Disk in meiner XBox 360.
Starker Anfang
Fallout 3 fängt so an, wie man sich ein westliches RPG vorstellt: Man erstellt sich detailiert einen Charakter, indem man das Erscheinungsbild und die Basiswerte festlegt, überlegt sich schon im Vorfeld, ob man eher eloquent oder bleispritzend auftreten will und stürzt sich nach Abschluss der Charakterisierung in das Abenteuer, in dem wir wortwörtlich in die virtuelle Welt eines von der Oberfläche abgeschnittenen Atomschutzbunkers geboren werden. Im ersten Spielabschnitt beginnt der Protagonist als Kleinkind, das zu allererst Laufen und Greifen lernt. Da die Mutter bei der Geburt gestorben ist, werden die ersten Schritte vom Vater begleitet. Man erlebt in kurzen Abschnitten den ersten großen Kindergeburtstag, die Eignungsprüfung vor dem Erwachsenenleben und Rangeleien mit ein paar Halbstarken, bis dann eines Tages das Chaos ausbricht. Der Vater flieht aus dem Bunker, sein Freund und Kollege wird tot aufgefunden und niemand weiß, was passiert ist. Mit der festen Überzeugung der eigene Vater könne kein Mörder sein, begibt man sich auf die Suche nach Antworten und verlässt ebenfalls den Bunker 101.
Lass uns reden
Erblickt man zum ersten Mal die Sonne und das, was sie erhellt, will man eigentlich direkt wieder zurück. Karger Fels, Steppe und Ruinen einer vergangenen Zivilisation soweit das Auge reicht. Auch die ersten Feinde lassen nicht lange auf sich warten. Noch bevor man eine Orientierung hat und überhaupt ansatzweise weiß, in welche Richtung es geht, kommen schon die ersten mutierten Kleintiere angelaufen. Mit spärlicher Bewaffnung kann man sich zwar wehren, aber man merkt, dass man für’s erste nicht lange in der Wildness überleben kann. Der Blick auf die bereits gestarteten Quests und die Weltkarte helfen vorerst auch nicht weiter. Man entscheidet sich also für das nächstgelegene Ziel, eine Stadt namens Megaton, und ist froh dort heil anzukommen. Man beginnt dort mit den ersten Gesprächen und forscht nach, ob Daddy den gleichen Gedanken hatte. Ja, er war da, ist aber schon seit Längerem weitergezogen. Wie überraschend! In den Gesprächen erfährt man allerdings auch viele andere Details. In Megaton existiert eine Sekte, die eine nicht detonierte Atombombe anbetet. Ein Teil der Bewohner würden sich wohler fühlen, wenn das Ding wenigstens entschärft werden würde, während andere am liebsten die ganze Stadt damit in die Luft jagen wollen. Schon steht man zwischen den Fronten und kann sich zwischen Entschärfen, Detonieren und Ignorieren entscheiden. Da die eigenen Fähigkeiten noch nicht ausreichen eine der tatkräftigen Entscheidungen durchzuführen, ignorieren wir die Situation, bekommen eine weiteren Eintrag im Questlog und suchen weiter. Und so geht es weiter. Man sammelt Infos und Quests und man stellt sich die Frage, wie man irgendeine der Aufgaben erledigen soll, wenn man keine Chance hat ein paar Erfahrungspunkte zu sammeln.
Auf der Schlachtbank
Es nützt ja alles nichts. Irgendwann verlässt man also die Sicherheit der Stadt und begibt sich nach wie vor spärlich geschützt und bewaffnet in die Wastelands. Man aktiviert eine der Quests und folgt dem Wegmarker in der Hoffnung, dass man mit dem aktuellen Status schon irgendwie durchkommt. Die erste Begnung mit einem Trupp Kopfgeldjäger, die ausgerechnet meinen Namen auf der Liste haben, lehrt uns, dass drei gegen einen auch in einem Spiel höchst unfair sein kann. Nach einigen Bildschirmtoden lernt man allmählich die eigenen Möglichkeiten kennen und wurschtelt sich irgendwie durch diesen ersten Kampf. Grundsätzlich hat man zwei Möglichkeiten. Entweder ballert man sich in bester Shootermanier durch die Gegner oder man greift auf die AP-Leiste zurück. Diese Art „Bullettime“ lässt die Zeit stoppen und man hat die Möglichkeit seine aufgeladenen APs in gezielte Schüsse umzusetzen. Jedes Körperteil kann anvisiert werden und je nach Bewaffnung, Entfernung zum Gegner und eigenen Fähigkeitspunkten wird die Trefferwahrscheinlichkeit und der theoretische Schaden angezeigt. Da sich diese Leiste allerdings je nach Waffe schnell verbraucht und einige Sekunden benötigt, um sich wieder zu regenerieren, kommt man um echte Shootouts nicht herum. Diese Mischung ist gerade am Anfang des Spiels sehr gewöhnungsbedürftig und verlangt einiges an Einarbeitungszeit. Sind die Gegner zerlegt kann man die komplette Ausrüstung plündern und schnell bessere Rüstungen und Waffen aneignen. Endlich ist man gerüstet für alle Widrigkeiten, die da noch kommen, denn jetzt fließen auch die ersten Erfahrungspunkte.
Ödes Wasteland
Und ab jetzt wird es ziemlich abwechslungsarm. Man folgt seinen Questmarkierungen, redet mit verschiedenen Bewohnern des Wastelands, liefert sich Gefechte mit Gesocks und Gekreuch und knackt ein paar Schlösser und Computerterminals. Die Geschichte bleibt zu Gunsten unzähliger kleiner und großer Quests weitestgehend auf der Strecke. Anfangs fällt das nicht so sehr ins Gewicht, aber je länger man dabei ist und seinen Charakter entwickelt, desto langweiliger wird die Welt mit ihren Aufgaben. Glücklicherweise hat die GOTY-Edition alle DLCs auf einer Extra-Disk, wodurch man zumindest ein paar Highlights geliefert bekommt. Die Missionen auf einem außerirdischen Invasionsschiff oder in einer holografischen Simulation, in der man Alaska von der chinesischen Besatzungsmacht befreit machen wirklich Laune, allein schon weil sie optisch mehr bieten, als verstrahlte Landschaften und verfallende Katakomben. Da aber auch diese Abschnitte irgendwann durchgespielt sind, muss man sich irgendwann entscheiden: Ist die Geschichte egal und will man jede Ecke erkunden oder zeigt man dem Spiel irgendwann den Finger und konzentriert sich auf das bisschen roten Faden, das man finden kann. Ich hab mich für letzteres entschieden, was mir immerhin noch eine Spielzeit von etwas mehr als 45 Stunden beschert hat.
Es gibt Spiele, die irgendwie jeder mag und es gibt immer ein paar Leute, die genau das nicht ganz nachvollziehen können. Es ist ja gut, dass es nach wie vor nicht das perfekte Spiel für jedermann gibt und dass Mainstream nicht automatisch der Garant für Spielspaß ist, aber man fragt sich in Einzelfällen schon, was die Masse der Spieler jetzt an einem bestimmten Game so toll fand. Mir geht es so mit Fallout 3. Es ist nicht schlecht, aber es ist auch nicht herausragend gut und es hat mit ein paar Macken zu kämpfen. So ist das Spiel beispielsweise in der Third Person kaum spielbar. Shootouts gehen daneben und Items können nur schwer aufgenommen werden. Die anfängliche Charaktererstellung ist ebenfalls hinfällig, da man sich bestenfalls von hinten oder während kurzer Slowmos sieht. Auch die musikalische Untermalung ist spärlich. Man kann sich zwar ein paar Radiosender einstellen, in denen entweder Sousamärsche oder 50er-Jahre-Leichtkost-Jazz gespielt wird. Die Musik wiederholt sich dabei recht schnell und es bleibt ein dünner Soundteppich, der kaum zur Atmosphäre beiträgt. Für 15 Euro kann man ja eigentlich nichts falsch machen, aber wenn ich bedenke, dass man für das komplette Paket zum Erscheinungstag locker 100 Euro hinlegen musste, halte ich Fallout 3 für extrem eintönig. Zugegebenermaßen gibt es ein paar Hingucker, wie beispielsweise das zerfallende Washington Memorial, die kopflose Lincoln-Gedächnisstätte oder das betretbare Capitol, aber trotz allen Realismus ist die postapokalyptische Welt in Fallout 3 auf Dauer zu trist. Möglicherweise komme ich mit einem Erzählstil ohne Cutscenes nicht klar, vielleicht sind mir leblose Dialoge mit mimiklosen Gesichtern zu langweilig, aber rumrennen, Dialogmenüs abklappern und rumballern, reichen mir einfach nicht mehr. Vielleicht kann man das Spiel auch ganz anders angehen, aber irgendwie hat sich alles in die beschriebene Richtung entwickelt. Wer auf actionbasierte West-RPGs und Shooter steht, macht hier sicher nichts falsch, aber alle anderen sollten sich die Anschaffung zweimal überlegen.
GenesisAUT sagt:
27. September 2011
Also Fallout 3 hat mich damals einfach nur begeistert. Die einzigartige Athmosphäre die trotz der Open World erschaffen wurde ist einfach der Hammer. Fand die Geschichte rund um die Enklave und den Purifyer super und das ganze Gameplay hat mich damals begeisters. Einzig der 3rd Person-Modus war wie du schon sagtest ein Graus, doch ansonsten gehört Fallout 3 immer noch zu meinen Lieblingsgames der aktuellen Generation. Kann deine Kritik verstehen und kann dir nur sagen, dass du dir dann New Vegas wahrscheinlich nicht anschauen brauchst. Ist im Prinzip das selbe nur in ner anderen Gegend. Ich hoffe mal auf ein paar neue Dinge in Fallout 4. Die Optik ist doch sehr angestaubt. Die Musik hingegen ist schlichtweg genial. Habe diese Art Musik durch Fallout lieben gelernt und mir geht das Herz auf wenn ich einen Song von Ella Fitzgerald oder den Ink Spots in nem Film höre 😀 Zum Glück hast du dir die UK-Version geholt. Schon allein ThreeDog ist es wert^^
spontanadmin sagt:
27. September 2011
Gegen die Musik hab ich an sich ja nichts (meine Jazz-Sammlung wird schon seit Jahren ständig größer), aber das gefühlte Duzend an Liedern ging mir irgendwann einfach auf den Senkel. Wenn man dann noch außerhalb der Reichweite war und man entweder dem Präsidenten oder der öden Atmosphäre lauschen musste, war es dann musikalisch bei mir endgültig vorbei.
GenesisAUT sagt:
28. September 2011
Geschmackssache würd ich sagen. Ich fand auch Radio Enclave sehr cool. So mit den Hymnen und Marschgesängen. Und auch die Ansprachen von Sir Henry Eden haben mir super gefallen. Vorallem beim zweitenDurchlauf, wenn man die Wahrheit schon kennt^^ Es passt meiner Meinung nach einfach zu Fallout, dass es nur sehr spärliche Hintergrundmusik gibt. Nur Radiosongs könnte es wirklich mehr geben. So 40 oder 50 wären schon ne gigantische Verbesserung. Bei GTA 4 hört man doch auch nur sehr selten die selben Songs.
Album Empfehlung: The Ink Spots – We Three
GenesisAUT sagt:
29. September 2011
Ups sry. war natürlich „we four – the best of the ink spots“
We three ist ein song daraus xD