Jun 15

Ist Frauenfußball wirklich beliebter als Eishockey?


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Man kann sich dieser Tage ja kaum gegen die kickenden Damen mit ihrer Weltmeisterschaft wehren. Wohin man auch sieht und hört, die deutschen Medien quellen geradezu über vor Berichterstattungen, Interviews und Werbemaßnahmen. Es ist ja auch verständlich, denn schließlich ist Fußball des Deutschen liebste Freizeitbeschäftigung. Naja, eigentlich ist das hier ja kein Fußball, es ist Frauenfußball und bevor ich jetzt hier vom Lynchmob hinweggefegt werde, will ich das mal relativieren: Frauen können Fußball spielen, aber kein Schwein guckt sich das vor Ort an, weil bei der breiten Masse der Fans einfach kein Interesse da ist.

Diese absolut nicht bewiesene These beruht auf diversen Beobachtungen und vollkommen subjektiven Vergleichen 😉 Da ist erstmal die Medienpräsenz. ARD und ZDF scheinen einen unglaublichen Etat erhalten zu haben, um für eine erfolgreiche WM im eigenen Land zu sorgen. In regelmäßigen Abständen laufen Sendungen, welche Spielorte, Spielerinnen, potentiell starke Gegner und Ähnliches vorstellen. Den Kickerinnen in Aktion kann man sich ebenfalls kaum entziehen da vor jedem größeren Ereignis der Herren auf deutschem Boden – egal ob national oder international – quasi als Vorprogramm ein Spiel für die Damen angesetzt wurde. Damit sich das auch medial lohnt wurde jedes Spiel selbstverständlich live übertragen. Nimmt man noch sämtliche Wiederholungen jedes noch so uninteressanten Spiels auf Sport1 dazu, kommt man bereits auf einige Stunden, in denen die Damen versuchen uns zu beglücken.

Auch die deutsche Werbelandschaft hat die Fußballdamen für sich entdeckt. Mir sind zwar die Produkte entfallen und ich bin mir nicht mal sicher, ob es sich wirklich um deutsche Nationalspielerinnen handelt, aber solange das FIFA-Logo und der WM-Termin zu sehen sind wird das schon passen. Letztlich ist mir am Kiosk noch die aktuelle Ausgabe des deutschen Playboys ins Auge gefallen: Selina Wagner, Julia Simic, Annika Doppler, Kristina Gessat und Ivana Rudelic, die vermeintlich fünf attraktivsten Spielerinnen der deutschen Nationalmannschaft und echt knackige Mädels (wer kennt sie nicht?), zieren das Cover und präsentieren sich mehr oder weniger freizügig auf 13 Seiten des Herrenmagazins. Man macht eben alles, um eine positive Meinung zu den Fußballdamen zu erhärten 😉

Das ist allerdings alles kein Vergleich zur letztjährigen 24-Stunden-Berichterstattung, als ein gewisser Herr Balack wegen einer akuten Verletzung nicht am großen Turnier teilnehmen konnte. Es ist auch zumindest bemerkenswert, dass die Fußballsektion von sportschau.de weniger als 2 Wochen vor der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen lieber das Konterfei von Felix Magath und fünf weitere Kompaktmeldungen zum Herren-Fußball zeigt, bevor die Nachrichten zu den Damen präsentiert werden. Auch Google scheint nicht besonders von der WM 2011 angetan zu sein. Sucht man schlicht nach „Fußball WM“ findet man zuerst drei Einträge zu den Herren, von denen einer sogar noch zur vergangenen WM in Südafrika gehört. Erst die News auf Platz 4 berichten über Aktuelles und irgendwo auf Platz 6 erscheint dann der passende Wikipediaeintrag.

Einschalten für den Trikottausch?

Und worauf will ich hinaus? 2010 hatten wir eine Eishockey-WM im eigenen Land. Sämtliche Hallen waren für nahezu jedes Spiel ausverkauft und schon das Eröffnungsspiel in der Arena „Auf Schalke“ vor fast 80 000 Menschen wäre eigentlich mehr als eine Fußnote in den Sportnachrichten wert gewesen (Deutschland schlägt den Mitfavoriten USA). Deutschland ist 2010 erst im Halbfinale gescheitert, was schon sensationell war. Ich bin fest davon überzeugt, dass es in Deutschland mehr Eishockey- als Frauenfußball-Fans gibt, vor allem auch nach dem tollen Turnier der Deutschen Eishockeycracks in diesem Jahr. Diese Mannschaft, Eishockey im Allgemeinen und die Fans im Besonderen hätten einen größere Medienpräsenz verdient. Warum also wird der Medienrummel um die Fußballerinnen derartig aufgeblasen? Zweites Sommermärchen – ich lach‘ mich kaputt. Ich bin ja wirklich kein Fußballfan, aber das eine oder andere Spiel schaue ich mir zumindest mal für eine Halbzeit an. Wenn ich aber die leeren Ränge beim höchstklassigen Frauenfußball anschaue, glaube ich nicht, dass diese WM den erhofften Hype auslösen wird. Und sind wir mal ehrlich: Durch den Einsatz von Männermagazinen wirbt man doch hauptsächlich die Männer, die ohnehin nur auf den Trikottausch warten.


3 Kommentare zu “Ist Frauenfußball wirklich beliebter als Eishockey?”


  1. leocat/Kathrin
    sagt:

    Da haste wahr!
    Ähnlich befremdlich finde ich seit Wochen – jetzt ist’s ja erledigt – dass die Tagesschau jedes Spielergebnis der Dallas Mavericks melden musste (sogar mit Bildbeitrag) – nur weil da ein ausgewanderter Landsmann Körbe wirft. Vom deutschen Basketball hat man jetzt gerade immerhin gemeldet, wer Meister geworden ist. Naja, und von anderen „Randsportarten“ hört man ja noch seltener – oder gar nicht. Feldhockey, Rugby, American Football… (immerhin letzterer hat hier stabile 3-4000 Zuschauer, oft genau so viel wie die unsägliche Viertligamannschaft, die sich wie ein Zweitligist aufspielt – über die Kosten für die Hundertschaften und die Straßensperren am Spieltag reg ich mich schon nicht mehr auf…).

    Interessant auch diese Zuschauerstatistik – die deutlich zeigt, dass Eishockey tw. noch vor Handball liegt.


  2. leocat/Kathrin
    sagt:

    Ähm: Link: http://www.stadionwelt.de/sw_stadien/index.php?folder=sites&site=top100


  3. spontanadmin
    sagt:

    nette Statistik, die aber je nach sportbedingter Austragungsstätte schon sehr verzerrt. Es ist klar, dass Indoor-Sport weniger Zuschauer hat und dass Mammuthallen wie in Berlin und Köln eben auch mehr Platz bieten, als eine 1500-Mann Sporthalle, in der die armen Münchener Eishockey spielen müssen 😉

    Was den ollen Dirk angeht ist es leider Fakt, dass die meisten Deutschen lieber die NBA, als die deutsche BBL gucken. Das ist im Eishockey leider ähnlich, auch wenn dort die Fans zumindest „zweigleisig“ fahren… US Sport ist nun mal spektakulärer. Ich sehe auch lieber ein NFL-Game, als die Phantoms in Wiesbaden, aber Lokalpatriotismus muss einfach sein und da bin ich mit Freunden wenigstens am Spielfeldrand live dabei 🙂

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