Ein Spiel muss nicht immer ein Actiongewitter abbrennen oder dramaturgisch ausgefeilt sein. Manche Spiele funktionieren auf Grund eines simplen, aber motivierenden Gameplay oder einer abgefahrenen Grundidee. Journey ist nichts von alldem, aber trotzdem in aller Munde.
Audiovisuelle Pracht
Ich gebe zu, dass ich mich anfangs wirklich schwergetan habe mich mit dem Spiel anzufreunden. Startet man Journey steht man als geschlechtlich undefiniertes Beduinenwesen, das einem Derwisch nachempfunden zu sein scheint, in einer weiten Wüste und… steht. Da es keinerlei Einführung gibt hat man keine andere Wahl, als sich in das kalte Wasser bzw. in den heißen Sand zu werfen und intuitiv die namnesgebende Reise anzutreten. Naturgemäß orientiert man sich an Bezugspunkten am Horizont, in der Hoffnung dort ein paar Informationen zu erhalten, doch außer ein paar subtile Steuerungs-Tutorials gibt es nichts, außer den weiteren Weg, der vor einem liegt. Nach einigen Minuten wird dann klar, dass Journey im wahrsten Sinne des Wortes eine Reise gemäß dem Motto „Der Weg ist das Ziel“ ist. So bewegt man sich laufend, fliegend und Hügel hinabrutschend von Ort zu Ort und genießt dabei die Optik, die sich perfekt mit der Musik und der Geräuchkulisse vermischt. Dabei ist die Grafik an sich gar nicht so atemberaubend. Es sind vielmehr die kleinen Momente, in denen die Kameraperspektive einzelne Sandkörner sichtbar macht oder die Spielfigur auf glitzerndem Wüstenboden vor einer untergehenden Sonne dahingleitet, die aus Journey ein glitzerndes Juwel im PSN machen.
Einsamer Multiplayer
Hat man eine Internetverbindung bekommt man bald einen Reisebegleiter zur Seite gestellt, der seinerseits irgendwo auf der Welt mit dem gleichen Spiel beschäftigt ist. Man hat bis zum Ende keine Ahnung wer der Gefährte ist, so wie man auch keine Möglichkeit hat eine sprachliche Kommunikation zu führen. Lediglich kurze Laute sind per Knopfdruck möglich, mit denen man sich gegenseitig auf versteckte Items oder neue Wege aufmerksam machen kann. Diese Barrierefreiheit funktioniert erstaunlich gut, da zum einen keine komplexen Inhalte vermittelt werden müssen und man sich zum anderen gegenseitig auf die jeweilige Kommunikationslogik einlassen muss. Gemeinsam einsam bewegt man sich also durch die Welt, die nach der Wüste eine Ruinenstadt, eine Höhle und verschneites Gebirge birgt. Sterben kann man in dem Sinne nicht, auch wenn es Kreaturen gibt, die der Figur einiges an Flugfähigkeiten nehmen, wenn man von ihnen attackiert wird. Da hilft nur verstecken. Man unterliegt also weder einem Zeitlimit, noch muss man sich gegen irgendwelche Angreifer wehren. Doch auch wenn man sich Zeit lässt und der Partner nicht drängelt ist man nach ungefähr 2 Stunden am Ende der Reise und man kann sich mit einem weiteren Spiel erneut auf den Weg machen.
Alles, was bleibt
Unter’m Strich haben wir also ein actionarmes, stylisches und sehr kurzes Spiel, das die Massen begeistert. Ich für meinen Teil war nach der ersten Reise eher enttäuscht, denn auch wenn es ein paar Ah- und Oh-Momente gibt störte mich das völlige Fehlen einer Geschichte. Doch nach ein wenig Reflektion und einer weiteren Runde hat sich meine Meinung etwas geändert. Journey bietet dem Spieler ein Maximum an Interpretationsmöglichkeiten, die je nach eigener Erfahrung und Hirnverwinkelung massiv ins Esoterische abdriften können. Handelt es sich um eine Pilgerreise, ein Märtyrium oder um ein Synonym für das Leben? Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt und mit diesem Hintergedanken spielt sich Journey direkt ganz anders. 15 Euro sind meiner Meinung nach zwar viel zu viel, aber wer flOw und Flowers mochte, kann sich Journey ohne mit der Wimper zu zucken gönnen. Zum entspannten Spielen in schöner Atmosphäre gibt es momentan nichts besseres.
Genesis sagt:
11. Mai 2012
Mann. Du machst mir das Spiel noch schmackhafter als es eh schon ist^^
Nur hab ich derzeit weder Zeit noch Geld für den Titel…
Obwohl… Es dauert ja nur 2 Stunden. Vll hol ich’s mir trotzdem demnächst xD