Mein letzter Eintrag zu einem Videogame ist schon ein paar Wochen her. Der Grund dafür war Yakuza 4, welches ich geschlagene 98 Stunden gespielt habe, ohne irgendwelche heruntergeladenen oder freigeschalteten Boni zu nutzen. Das nenne ich mal ein vorbildliches Preis-/Leistungsverhältnis.
Vier Charaktere, eine Geschichte
Anfangs war ich ja sehr skeptisch, wie ein Spiel mit vier Protagonisten funktionieren soll, vor allem wenn man die drei Vorgänger immer mit der selben Figur bestritten hat. Eine vermeintliche Zerstückelung in Episoden hat anderen Spielen zwar die Möglichkeit gegeben nach und nach neue DLCs zu verkaufen, aber selten hat es dem Spielfluß gut getan. Yakuza 4 ist da anders. Auch wenn die ersten vier Kapitel jeweils einem Charakter gewidmet sind wird dem Spieler schnell bewußt, dass hier ein Netz von Handlungssträngen geflochten wird, welches in einem großen Finale aufgelöst werden muss.
Man spielt also den skurrilen Geldverleiher Shun Akiyama, den zum Tode verurteilten Yakuza Taiga Saejima, den glücksspielsüchtigen Zivilpolizisten Masayoshi Tanimura und den aus den Vorgängern bekannten Ex-Yakuza Kazuma Kiryu. Neben den eigenen Motivationen und Verstrickungen in die Gesamtgeschichte, hat jeder Charakter eigene Eigenschaften und Verbindungen zur Welt von Kamorucho, was jeweils einen anderen Blickwinkel auf diesen Stadtteil erlaubt. Der eine besitzt einen eigenen Cabaretclub und scoutet zwischendurch neue Hostessen, die er auch nebenbei ausbildet, der andere pfeift auf Hostessen und hilft stattdessen einem heruntergekommenen Dojo Champions zu trainieren und der nächste hilft internationalen Ermittlern einen kniffligen Fall zu lösen. Dazu stehen jedem Charakter Bereiche offen, die den anderen vorerst verwehrt bleiben. Als verurteilter Mörder muss Saejima beispielsweise unerkannt bleiben und bewegt sich hauptsächlich in der Kanalisation, während Tanimura wegen seiner Sprachkenntnisse als einziger das Einwanderer-Viertel betreten kann.
So, das war jetzt ein dicker Abschnitt zum groben Rahmenprogramm. Leider kann man zur Story nicht viel sagen, ohne irgendetwas zu spoilern. Wie aber in jedem bisherigen Yakuza werden Kleinigkeiten sehr wichtig, Offensichtliches stellt sich als falsch heraus und irgendjemand entpuppt sich als Verräter oder großer Drahtzieher einer viel größeren Geschichte. Es geht um Liebe, Ehre, Verrat und Rache und aus all diesen Klischees wurde wieder etwas zusammengekocht, was einem Yakuza-Spiel würdig ist und so ganz nebenbei zumindest Teil 3 locker in die Tasche steckt.
Knackige Mädels, Baseball und viel Whiskey
Mit diesen Zutaten sollte zumindest der nächste Herrenabend gesichert sein, doch auch Yakuza 4 geizt nicht mit Nebenmissionen und Minispielen. SEGA hat nach dem Release von Yakuza 3 eine Menge Prügel der Fans einstecken müssen, da viele Elemente für den europäischen Markt einfach entfernt wurden. Offiziell sollte den Europäern kein falsches Bild von Japan vermittelt werden, da diese mit Hostessclubs, Shogi und Mayong ohnehin nichts anfangen könnten. Da aber gerade diese typischen japanischen Elemente das Herz der Yakuzaspiele waren und Sega wohl den Fehler eingestand, bekommt man mit Yakuza 4 wieder die volle Breitseite „Japan“ verpasst. Alleine mit den 10 Hostessen, die man jetzt besuchen und „verführen“ kann, ist man seine 10-20 Stunden beschäftigt, wenn man dies denn will. Darunter befinden sich auch drei Hostessen, die man nach dem Paperdollprinzip schminken, kleiden und ausstaffieren kann und so für andere Charaktere erst verfügbar macht.
Auch sportlich gibt es eine nette, kleine Auswahl an Zeitverschwendungen: Man kann im Baseballkäfig ein paar Bälle schlagen und Belohnungen kassieren, man kann ein paar Partien Golf spielen, die eine oder andere Runde Darts werfen, bowlen oder Tischtennisbälle über die Platte jagen. Damit das nicht zu langweilig wird, kann man zu fast allem ein Date – also eine der Hostessen – einladen. On Top gibt eine Karaokebar mit einem kleinen Rhythmusspiel, einen Massagesalon zum „entspannen“, ein Badehaus, Casinos mit West- und Ostglücksspielen, eine Kampfarena, einen Billardtisch und so weiter. Zwischendurch einen Happen in der Sushibar oder einem anderen der vielen Restaurants und ein Glas besten Whiskeys in einer der Bars, und der Männertag ist perfekt.
Substories und Schlägereien
Wie in jedem Yakuza stehen auch im vierten Teil viele Schlägereien und Bosskämpfe auf dem Tagesprogramm. Neben den üblichen Straßenkämpfen, in die man von Halbstarken, Yakuzas und Gangs verwickelt wird, zielt nahezu jede der optionalen Nebenquests auf eine physische Auseinandersetzung ab. Es gibt zwar auch lustige und auch traurige Laufmissionen, aber ohne Schlägerei geht’s selten ab. Da man durch diese Missionen und Kämpfe Erfahrungspunkte sammelt, die man wiederum gegen Kampffähigkeiten tauschen kann, ist es essentiell zumindest ein paar dieser Abschnitte zu spielen. Wer es nicht tut kommt zwar schnell mit der Geschichte weiter, verpasst aber Vieles was den Figuren eine gewisse Tiefe verleiht. Da jeder Charakter einen eigenen Kampfstil hat und alle vier eine Levelgrenze besitzen, ist es sinnvoll sich mit jedem Einzelnen auseinanderzusetzen und sie zu stärken. Man verrät sicher nicht zu viel, wenn man sagt, dass im Finale jeder einzelne noch einen großen Kampf zu bestreiten hat.
Die Kämpfe an sich sind meist eher einfach gestrickt und erfordern nur bei den Bossen eine gewisse Taktik. Mit einem konsequenten Buttonmashing und einem gelegentlichen Block kommt man eigentlich immer ans Ziel. Nichts desto trotz sind manche Zusatztechniken hilfreich, wenn beispielsweise ganze Gegnerhorden auf euch zustürmen.
Bester Ausflug nach Japan seit Shenmue
Yakuza 4 ist sicher kein Ersatz für ein Shenmue 3, aber es deutet an, in welche Richtung unser aller liebste nicht erschienene Fortsetzung gehen könnte. Technisch legt der vierte Teil eine kleine Schippe zum dritten Teil drauf, schraubt aber dafür den Umfang etwas zurück. Gab es in Teil 2 noch den Ausflug nach Osaka und in Teil 3 den zusätzlichen Stadtteil in Okinawa, spielt Teil 4 ausschließlich in Kamorucho. Hier werden zwar Kanalisation, Dächer und diverse Gebäudepassagen begehbar, aber da sich an diesen Orten kaum etwas abspielt, verbringt man dort auch nur wenig Zeit. Auch die Substories wurden von ehemals über 100 auf 62 heruntergeschraubt. Die Geschichten haben zwar im allgemeinen ein etwas höheres Niveau, lassen aber zu oft den typischen japanischen Humor vermissen, der leider nur gelegentlich kurz aufblitzt. Alles in allem ist aber allein der Umfang der 10 Hostessen-Missionen in Teil 4 so groß, dass die relativ wenigen anderen Missionen mehr als nur kompensiert werden. Nimmt man sich also Zeit kann man mit Yakuza 4 gut und gerne 100 Stunden und mehr verbringen, ohne das es Langweilig wird. Wer von den Kämpfen nicht genug bekommt, kann beispielsweise nach dem Abspann noch diverse Turniere und Challenges bestreiten, die wiederum einige Stunden verschlingen dürften. Neue, in das Spiel integrierte Hilfeoptionen, machen das Finden von Substories ebenfalls wesentlich leichter als noch bei den Vorgängern und so steht einem Besuch bei der tokioter Mafia nichts im Wege.
2006 erschien God of War für die PS2 in Deutschland. Die Fachpresse überschlug sich mit Lobhuddeleien und die allgemeine Öffentlichkeit geizte nicht mit Verbotsforderungen wegen des hohen Gewaltgrades, was in der Summe zu einem gewaltigen Hype um das Spiel führte. Auch ich konnte mich diesem Hype nicht entziehen und zog bald mit der Hauptfigur Kratos auf seinen Rachefeldzug gegen Ares, den griechischen Gott des Krieges. Das war dann der Tag, an dem ich gelernt habe, dass ein Hype nicht unbedingt für ein Spiel nach meinem Geschmack steht. Klar, God of War war für seine Zeit eine Grafikbombe und spielte sich hervorragend, hatte aber wegen seines geringen Umfangs, der mageren Geschichte und dem genretypischen Schnetzelgameplays nicht viel für den durchschnittlichen Spieler zu bieten, ganz zu Schweigen vom Zerpflücken der griechischen Mythologie, von der ich seit meiner Kindheit ein großer Fan bin.
Warum also die God of War Collection kaufen? Zum einen hat sie nur 12 Euro gekostet und zum anderen wollte ich einfach mal testen, ob ich das Spiel nach 5 Jahren anders wahrnehme. Auf der guten Seite gebe ich nach wie vor zu, dass man das Spiel locker flockig daddeln kann und mit einer tollen Inszenierung belohnt wird. Manche Schauplätze – vor allem im zweiten Teil – sind trotz der „nur“ aufpolierten PS2-Grafik atemberaubend und sollten von jedem Gamer mal gesehen werden. Auf der schlechten Seite sind Umfang und Geschichte noch immer mager und das Gameplay bietet viel zu wenig Abwechslung. Wenn ich ein komplettes Spiel auf normalen Schwierigkeitsgrad in 6 Stunden durchspiele, stimmt die Relation einfach nicht mehr. Die Action-Puristen werden jetzt wieder schreien, dass man lieber ein intensives, kurzes Spiel zockt, als sich ewig durch gestreckte Abschnitte kämpfen zu müssen. Warum aber fordert niemand ein intensives, langes Spiel? Ich habe beispielsweise noch nie gehört, dass man anstatt einer Der Herr der Ringe Trilogie besser einen knackigen 90 Minuten Film hätte machen sollen. 30 Minuten pro Buch sollten doch ein extrem intensives Erlebnis ergeben, oder?
Alles in allem kann ich mich aber nicht über das Preis-/Leistungs-Verhältnis beklagen. Für 12 Euro wurde ich knapp 14 Stunden ordentlich unterhalten und habe dafür 2 Spiele gespielt, die zu PS2-Zeiten insgesamt ungefähr das zehnfache gekostet haben. Obendrauf habe ich ein paar Trophäen auf mein PSN-Konto bekommen, mit denen ich zwar nicht angeben kann, die aber zumindest meinen Level dort zu Gute kommen. Ich weiß aber auch, dass mein Interesse an weiteren Kratos-Episoden auf Null gesunken ist. God of War 3 für die PS3 oder ein beliebiger Ableger für die PSP kann kaufen wer will. Aus dieser Käuferschicht bin ich mit dieser Collection entgültig rausgefallen. God of War gehört damals wie heute zu den überschätztesten Spieleserien überhaupt. Darüber können Grafik, Action und Soundtrack nicht hinwegtäuschen. Wer aber kein Problem damit hat unzählige Zentauren, Gorgonen und die gesamte griechische Mythologie in einem halben Tag niederzumetzeln, hat meinen Segen dies auch zu tun.
Eine offene Welt wie in GTA, ein kletternder Protagonist wie in Assassins Creed und ein realistisches, von Nazis besetzten Paris sind die Zutaten für dieses kleine Schmuckstück, welches den schlichten Namen The Saboteur trägt.
Der irische Rennfahrer Sean wird 1940 in Saarbrücken vom Nazioffizier Dierker um seinen Sieg betrogen. Um Dierker wiederum eins Auszuwischen zerstört Sean gemeinsam mit seinem besten Freund und Quasibruder Jules das Siegerfahrzeug. Doch der vermeintlich kleine Streich rächt sich gewaltig. Beide Männer werden gefangen genommen, verhört und gefoltert. Als Jules vor Seans Augen exekutiert wird sieht Sean rot. Er entkommt irgendwie und schwört Rache an Dierker. Ihn verschlägt es nach Paris, wo er schnell mit der Resistance in Kontakt kommt und als Auftragssaboteur angeheuert wird.
Rachefeldzug zwischen Sex und Sabotage
Die besetzte Hauptstadt Frankreichs ist nun Seans Spielplatz. Ausgehend vom jeweils nächsten Stützpunkt des Widerstands, welches sich anfangs noch im Hinterzimmer eines Bordells gegenüber des Moulin Rouge befindet, schnappt man sich das nächste Auto und fährt zu den einzelnen Missionen. Dazu stehen diverse zeitgenössische Karossen zur Verfügung. Sobald man am Steuer sitzt hört man Chansons oder jazzige Melodien, die zwar nicht unbedingt aus den 40er Jahren stammen, aber dennoch wunderbar zu Stimmung passen. So hört man unter anderem Ella Fitzgerald oder das grandiose „Feeling Good“ von Nina Simone, welches jüngst erst durch Michael Bublé wieder bekannt wurde. Die Missionen sind vielfältig und können oft auf verschiedene Art und Weise gelöst werden. Man darf als Scharfschütze agieren und einen Verräter niederstrecken, während er von einem Priester identifiziert wird, man muss ein gigantisches Geschütz im Herzen einer befestigten Anlage zerstören oder einfach nur ein Autorennen gewinnen. Während bei den Rennen natürlich nur der Bleifuss zählt, können fast alle übrigen Missionen mit viel Taktik oder mächtig viel Badabumm angegangen werden. Manchmal bietet es sich an einen Nazi zu meucheln, seine Uniform anzulegen und vorsichtig von Stealthkill zu Stealthkill zu schleichen, um einen frühen Basisalarm zu vermeiden. Man will nicht in einer befestigten Anlage der deutschen Besatzer stecken, wenn man selbst in Zivil und Flagranti erwischt wird. Es kann auch Sinn machen Späh-, Geschütz- und Scharfschützentürme im näheren Umkreis zu zerstören, bevor man die eigentlich Aufgabe in Angriff nimmt. Es macht sich selten gut irgendwo über ein Dachfenster einzusteigen, wenn man von der anderen Straßenseite auf’s Korn genommen wird. Aber wem das alles zu viel ist packt seine stärksten Wummen ein und schießt sich den Weg frei, auch wenn das nicht immer die einfachste Lösung ist. Zwischen den Hauptquests gibt es jede Menge guter Cutscenes mit knackigen Mädels, schnellen Autos, fiesen Nazis und „Er war wie ein Bruder für mich“ Dialogen.
Knackige Mädels in The Saboteur
Uns bleibt immer noch Paris
Klappert man nur die Hauptmissionen ab wäre man wahrscheinlich schnell mit „The Saboteur“ fertig, aber wenn man schon mal in Paris ist, will man doch auch etwas unternehmen, oder? Immer mit einem Sprengstoffvorrat ausgerüstet läuft oder fährt man also durch die Straßen von Paris, klettert auf die Kirche von Mont Martre, rettet Bürger vor der Exekution auf offener Straße und jagt so ziemlich jede Nazi-Installation in die Luft, der man über den Weg läuft. Dazu ist man oft als Fassadenkletterer unterwegs, da die meisten Installationen auf Dächern und in Hinterhöfen zu finden sind. Leider spielen sich die Kletterabschnitte nicht so flüssig wie in einem Assassins Creed, aber Sean ist auch kein ausgebildeter Meuchler, sondern nur ein irischer Rennfahrer mit Rachedurst. Neben diesen Freeplayoptionen – man kann soviele Sachen zerstören, wie man will bzw. ein Stadtteil hergibt – gibt es auch einige Nebenaufgaben, die der Handlung etwas Tiefe verleihen und hin und wieder auch nicht mit Humor geizen. Gibt man sich dem Freeplay und den Sidequests hin ist man gut und gerne 50 und mehr Stunden beschäftigt, vor allem wenn man den Ehrgeiz entwickelt einzelne Stadtteile vollständig von Nazistellungen zu säubern.
Immer wieder gerne
Mir hat „The Saboteur“ ne Menge Spaß gemacht, was nicht zuletzt an der grandiosen (englischen) Sprachausgabe liegt. Sean wird von Robin Atkin Downes gesprochen, der den irischen Dialekt und jeden wunderbaren blumigen Fluch nahezu perfekt rüberbringt. Die Grafik ist absolut in Ordnung und gerade die begehbaren/erklimmbaren Sehenswürdigkeiten wie der Triumpfbogen oder der Eifelturm machen viel vom ganz eigenen Charme des Spiels aus. Ich werde ganz sicher nochmal nach Paris gehen und schauen, ob ich nicht noch ein paar Panzer klauen und ein paar Generäle snipern kann.
Zum Schluss gibt es noch meine kleine Statistik, die ich ab sofort nur noch pro Spiel anlege, da mir die bisherige Tabelle zu unübersichtlich wurde:
System | Preis | GamerScore | Spielzeit |
XBox 360 | 12,87 € | 800 | 42 Stunden |