Okt 2

Spiele ohne Verfallsdatum: Fahrenheit (XBox/PS2)


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

100% XBox 360 kompatibel

In Kürze erscheint das neueste Spiel von Quantic Dreams mit dem Namen Beyond: Two Souls. Grund genug noch einmal auf den Klassiker einer vergangenen Generation aus gleichem Hause zurückzublicken. Warum? Weil es sich noch immer lohnt!

Die vergangenen Jahre zeigen, dass die Welt gerne mit Verbrechensaufklärung und Mystery unterhalten werden will. Nicht umsonst waren und sind Serien wie Akte X, Lost oder diverse CSI-Ableger dermaßen erfolgreich. Die logische Konsequenz ein Videospiel auf den Markt zu werfen, welches in diese Kerbe schlägt war nicht nur unvermeidlich sondern seiner Zeit auch längst überfällig. Das Ergebnis ist ein Spagat zwischen aktiver und passiver Unterhaltung.

Adventure trifft Mysterythriller

Eigentlich wollte Lucas Kane nur in Ruhe seinen Kaffee trinken und die Winterkälte der Großstadt für ein paar Stunden vergessen. Doch wie so oft kann das eigene Leben innerhalb weniger Momente eine Wendung erfahren, mit der man noch am selben Morgen niemals gerechnet hätte. Lucas wäre sicher nicht auf die Idee gekommen an diesem Abend über der blutverschmierten Leiche eines wildfremden Mannes zu stehen, ohne zu wissen wie es zu der Bluttat gekommen ist. Und wieso sind die eigenen Hände blutverschmiert und wo kommt eigentlich das Messer her?

Der Mord ist begangen, die Polizei ist bereits im Haus. Was ist zu tun?

 

Hier fängt die Geschichte an. Lucas, wie aus Trance erwacht, realisiert seinen Mord und will den Tatort schnellstmöglich verlassen. Während er schon die Klinke in Richtung Speiseraum in der Hand hält bemerkt er, dass man von seiner Anwesendheit weiß, man seine Fingerabdrücke finden wird, und dass die Zukunft eines überführten Mörders sicher nicht erstrebenswert ist. Er sollte nun zumindest versuchen seine Spuren zu verwischen, womit der Spieler die Kontrolle übernimmt. Es gibt viel zu tun: es sind Blutspuren zu sehen, die Leiche liegt mitten auf der Keramik, die Tatwaffe sollte verschwinden und natürlich muss man selber so unauffällig wie möglich den Tatort verlassen. Da man sich an einem öffentlichen „Örtchen“ befindet darf man nicht zu viel Zeit verlieren, da jeden Moment einer der anderen Gäste eintreten könnte. Dieser Zeitdruck wird dem Spieler auch schnell visualisiert, da in guter Filmtradition das Bild plötzlich geteilt wird und ein Stammkunde, seines Zeichens Polizist, von der Theke aufsteht und Richtung Toilette schlendert. Natürlich entkommt der gewiefte Spieler dieser brenzligen Situation, doch wie gut man diese Aufgabe gelöst hat merkt man erst, wenn das Ermittlerteam den Tatort untersucht. Die Aufklärung liegt allerdings in der eigenen Hand, denn hier kommt einer der ungewöhnlichen Elemente von „Fahrenheit“ zum tragen. Der Spieler übernimmt ebenfalls die Steuerung der Ermittler Carla und Tyler. Anders als erwartet ist die Bestandsaufnahme nicht ganz so einfach gestrickt, denn mit geschickt eingesetzten Stilmitteln weiß man nicht wie die ein oder andere Spur verfälscht wurde, obwohl man als Spieler kurz zuvor die Fäden noch in der Hand hielt. Der Mord auf der Herrentoilette eines New Yorker Schnellrestaurants und die darauf folgenden polizeilichen Ermittlungen setzen eine Kette von Ereignissen in Gang, die den Spieler auf eine spannende und zunehmend geheimnisvolle und fantastische Reise nehmen, auch wenn die anfänglichen Geschehnisse eher weltlich verankert sind.

Im Labor zieht Carla ihre ersten Schlüsse über den Tathergang.

Ab auf die Couch

Fahrenheit präsentiert sich nicht als klassisches Videospiel. Die Intention der Entwickler war eindeutig den Spieler in einen Film zu versetzen, in dem er selber sämtliche Hauptrollen spielt. Kameraperspektiven dienen oft mehr der Dramaturgie als der Übersicht, Splittscreens erzeugen Spannung und Zeitdruck, persönliche Dilemmas der Protagonisten erzeugen Emotionen. Wäre man nicht per Controller ins Geschehen integriert wäre man versucht sich auf der Couch zusammenzurollen, um einen spannenden Film zu schauen. Spielerisch liefert „Fahrenheit“ eine Mischung aus bekannten Adventureelementen, Quick Time Events (QTEs) und Geschicklichkeitseinlagen. Grundsätzlich gilt es bestimmte Gegenstände einzusammeln und Hinweise durch Gespräche zu finden, um entsprechende Rätsel lösen zu können. Für die Steuerung wurde nahezu komplett auf die Tasten des Controllers verzichtet. Man steuert die Figuren und auch die QTEs nur mit den beiden Sticks. Manche Szenen erfordern zusätzlich den Einsatz der Trigger, was das Gameplay entsprechend auflockert. Die Art der Rätsel hängt dabei anfangs von der Fähigkeit des Spielers die entsprechenden Puzzelstücke zu finden ab. Der Schwierigkeitsgrad dieser Segmente wurde dabei für Genreverhältnisse und zu Gunsten einer komplexen Geschichte sowie dreidimensionaler Charaktere stark runtergeschraubt. Wenn ihr beispielsweise der Augenzeugin die richtigen Fragen stellt kann eine vernünftige Phantomzeichnung angefertigt werden. Ist dieses Beweisstück zu weit von den Tatsachen entfernt fehlt dem Spieler dieses Element für die weitere Ermittlung. Habt ihr als Täter vom Tatort kein Telefonat geführt bietet die Liste der ausgehenden Anrufe ebenfalls keine Anhaltspunkte. Dieses Muster von Aktion und Reaktion nimmt mit zunehmender Spieldauer ab, da die Story in ein immer engeres Korsett geschnürt wird. Nichts desto trotz können zu Beginn viele Weichen gestellt werden, die sich unterschiedlich auf den weiteren Verlauf auswirken. Die jeweiligen auszuführenden Aktionen fügen sich nahtlos in das Spielerlebnis ein. Für jede Bewegung erscheint ein animierter Ministick auf dem Bildschirm. Diese Bewegung muss so genau wie möglich nachgeahmt werden, um die Aktion letztlich auch auszulösen. Zieht ihr eine Schublade auf imitiert der Stick die Bewegung der Hand Richtung Griff um anschließend die Lade zu öffnen. Ein solcher „Kunstgriff“ wiederholt sich in nahezu jeder Szene und bezieht den Spieler über die Norm in die Handlung ein. Leider muss man die Figur des Öfteren im Raum neu positionieren, um auch endlich die gewünschte Aktion ausführen zu können, was zu hakeligen Fummeleien ausarten kann. Hat man sich aber mal an dieses Manko gewöhnt geht die Steuerung gut von der Hand. Soweit zum handwerklichen, denn eine gute Geschichte lebt von seinen Charakteren. Je interessanter und tiefgründiger eine Figur ist, desto lebendiger wirkt sie auch. Alle Protagonisten haben ihre eigenen Macken, ein Privatleben und einen Gemützustand. Letzteren gilt es ständig im Blick zu behalten, denn sinkt dieser Wert auf Null ist der Charakter entweder reif für die Heilanstalt, quittiert seinen Job oder begeht kurzerhand Selbstmord, was natürlich gleichbedeutend mit dem „Game Over“ Screen ist. Sorgt also dafür nicht zu viele Fehler zu produzieren und gönnt Lucas, Carla und Tyler ihre Streicheleinheiten und Erfolgserlebnisse – sie haben es wirklich nötig.

Schnee und Minusgrade sind allgegenwärtig.

Frostige Stimmung

Wie der Titel schon sagt spielt die Temperatur eine allgegenwärtige Rolle. Fahrenheit spielt während eines harten Winters und den Entwicklern ist es gelungen die Minusgrade auf die DVD zu bannen. Atemwolken, Schneetreiben und viele verschiedene eingeschneite Schauplätze sorgen für die richtige Atmosphäre. Trotz schwammiger Texturen und eher steif animierter Charaktere wird die Gesamtstimmung zweckmäßig vermittelt. Leider steht sich die gesamte Präsentation hin und wieder selbst im Weg. Die Zielsetzung einen „Spiel-Film“ zu kreieren wurde zwar erreicht, aber die teils eckige Grafik hebelt den Filmcharakter immer wieder aus. Die Personen verfügen über eine ausgereifte Mimik und gute Lippensynchronität, lassen dagegen animierte Details wie bewegliche Finger vermissen. Die Soundkulisse ist dagegen wieder im cineastischen Bereich anzusiedeln: ein Hollywood reifer Soundtrack vermittelt Dramatik und Gefühle und die Geräusche treffen den Punkt ohne bombastisch zu sein. Die Musik ist stellenweise ein wenig zu laut geraten und kann das gesprochene Wort schon mal übertonen. Dafür sind dem Spieler allerdings Texttafeln komplett erspart geblieben. Die Synchronisation geht an dieser Stelle in Ordnung, auch wenn sie für den deutschsprachigen Raum nicht annähernd so gut gelungen ist wie die englische Originalversion. Die Sprecher wirken im direkten Vergleich ein wenig lustlos. Glücklicherweise handelt es sich bei Fahrenheit um eine Multi-Language-Disk: stellt man seine Konsole auf „English“ um, kommt man in den Genuss einer tadellosen Sprecherleistung. Das Gesprochene wird auf Wunsch auch in der gleichen Sprache untertitelt. Man läuft also nie Gefahr ein wichtiges Detail zu überhören.

Carla und Tyler sind während der Untersuchung gleichermaßen steuerbar.

Fazit

Trotz der offensichtlichen Kritikpunkte wie durchschnittliche Grafik und ungeschickte Perspektiven kann man Fahrenheit zumindest mal als „Hämmerchen“ bezeichnen. Es belebt ein fast schon tot geglaubtes Genre und impft ihm direkt neue Ideen ein. Durch die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten können Nuancen der Geschichte variiert werden, was in 3 verschiedenen Enden gipfelt. Hardcoreabenteurer, die gerne Stunden damit zubringen Gegenstand A und B zu finden um Problem R zu lösen, obwohl man noch bei C feststeckt sind hier fehl am Platz. Die Geschichte ist das wichtigste und die Atmosphäre kann nur durch stetiges Vorankommen gewahrt werden. Die Spielzeit von ungefähr 15 Stunden wirkt zwar ein wenig knapp, aber da man kaum in Sackgassen gerät bekommt man viel für sein Geld. Einsteiger werden über die Fingerübungen stolpern, doch erfahrene Spieler sollten auch hier kaum ins Stocken geraten. Als Bonbon kann man diverse Boni wie Making of, Bonusanimationen oder Songs freischalten. Wer also ein großes Stück Unterhaltung mit inhaltlichem Anspruch, aber ohne hohen Schwierigkeitsgrad sucht muss zugreifen. Actionfans und Freunde der kommunikationsarmen Unterhaltung sollten den Titel dagegen voll und ganz ignorieren.


Mai 6

Gabriel Knight 3 – Spiele ohne Verfallsdatum


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Als Sony mit der Playstation den Markt überrollte und ich ziellos von Abitur über Wehrdienst bis ins Studium stolperte, waren mir Spielkonsolen ziemlich schnuppe. Sega hat mich mit dem 32X-Aufsatz maßlos enttäuscht und erstickte jegliches Interesse an Investitionen in weitere Konsolensysteme im Keim. Folglich war ich bis zum Ende des Milleniums ausschließlich mit dem PC unterwegs und habe in dieser Zeit vor allem das Genre des Point & Click Adventures lieben gelernt. Neben den Klassikern von Lucas Arts hatten es mir vor allem die Geschichten, die von Sierra Entertainment vertrieben wurden, besonders angetan. Eines der großen Highlights ist dabei bis heute Gabriel Knight 3 – Blood Of The Sacred, Blood Of The Damned, das sich nicht nur mit liebenswürdigen Charakteren und weitestgehend logischen Rätseln, sondern auch mit einer sehr gut recherchierten, glaubwürdigen Verschwörungstheorie und einem gesunden Schuss Mystik in meinen ewigen Top 10 der besten Spiele verewigt hat.

Mehr als The Da Vinci Code

War das eine blöde Situation, als 2003/2004 der Hype um Dan Browns Sakrileg (The Da Vinci Code) begann. Immer mehr Leute unterhielten sich über die Theorien, die in diesem Roman vertreten werden und was es doch für eine Sensation wäre, so etwas überhaupt zu veröffentlichen. Ich konnte den Rummel nicht ganz nachvollziehen, weil ich die gesamte Theorie um Maria Magdalena bereits 1999 kennenlernte, denn nichts Geringeres als die Geschichte um die Suche nach dem „Saint Greal“ – dem heiligen Gral – ist nämlich der Kern von Gabriel Knight 3. Anders als Dan Brown schlägt Jane Jensen, Autorin der Gabriel Knight Serie, einen mystischen Weg ein und räumt bereits im Vorspann die Existenz von Vampiren ein. Natürlich dürfen Templer und Freimaurer ebenso wenig fehlen, wie die Geschichte rund um schwangere Maria Magdalena, die nach der Kreuzigung Jesu auf der Flucht im heutigen Südfrankreich in der Gegend von Rennes-le-Château ihre letzte Ruhe gefunden haben soll. Alles in allem gibt es also mehr als genug Zutaten für eine packende Geschichte.

Mehr als ein Mystik-Adventure

Tragendes Element ist natürlich der Protagonist Gabriel Knight, der einer langer Ahnenreihe von „Schattenjägern“ entstammt. Als Horrorautor erfuhr er im ersten Teil der Serie von seiner Bestimmung, die ihm durch seinen Vater in die Wiege gelegt wurde, und setzte sich dann im zweiten Teil mit dessen Bedeutung auseinander. Der Kontakt mit Voodoo und Werwölfen hat seine Weltanschauung entschieden geprägt, so dass er in diesem dritten Abenteuer bereits ein erfahrener Kämpfer des Lichts ist. Ihm zur Seite steht die Japano-Amerikanerin Grace Nakimura, die hauptsächlich für Recherche und Hintergrundforschung zuständig ist. Sie und Gabriel fühlen sich zwar zueinander hingezogen, bewahren aber in der Regel eine eng freundschaftliche, jedoch professionelle Distanz. Sie geraten regelmäßig aneinander, wenn es um die Auslegung der Pflichterfüllung eines Schattenjägers geht. Während Gabriel eher locker mit seiner Verantwortung umgeht, versucht Grace stets ihm den nötigen Ernst einzutrichtern. Im Verlauf des Spiels übernimmt man über beide die Kontrolle und löst diverse Rätsel je nach Fähigkeit der Figuren.


Ein „Let’s play“ Abschnitt

Der Plot ist an der Oberfläche denkbar einfach. Gabriel erhält den Auftrag den Sohn eines britischen Lords vor den „nächtlichen Besuchern“ zu schützen. Diese schaffen es aber den Jungen zu entführen und Gabriel nimmt die Verfolgung auf. Die Spur verliert sich im verschlafenem Nest Rennes-le-Château, wo er für die weitere Spurensuche sein Lager aufschlägt. Nahezu zeitgleich trifft eine kleine Reisegruppe unterschiedlichster Gestalten ein, die scheinbar alle auf Gral-Sightseeing-Tour sind. Es wird jedoch schnell klar, dass jeder Reisende mehr im Sinn hat, als nur ein paar Bilder zu schießen und topografische Besonderheiten zu bestaunen. Gabriel hat den Verdacht, dass mindestens einer der Reisenden in die Entführung involviert ist und beginnt mit seiner detektivischen Arbeit. Neben diversen Gesprächen erkundet man die wenigen Gebäude des Orts und die nähere Umgebung, sobald man einen fahrenden Untersatz gefunden hat. Während sich Gabriel auf die Informationsbeschaffung beschränkt, konzentriert sich seine inzwischen eingetroffene Assistentin Grace Nakimura auf die Recherche und Denkarbeit. Gemeinsam kommen Sie nach und nach den Geheimnissen von Rennes-le-Château, den Hotelgästen und den nächtlichen Besuchern auf die Spur.

Mehr als Point&Click

Wie bei einem klassischen PC-Adventure üblich erkundet man die Umgebung ausschließlich mit der Maus. Interessante Orte, Personen und Gegenstände lösen auf Klick eine Aktion oder Reaktion aus. Man sammelt Items, die man kombinieren oder einsetzen kann und versucht über diverse Gesprächsthemen neue Erkenntnisse zu gewinnen. So weit, so Standard. Anders als bei den meisten anderen Adventuren ist hier aber auch etwas Hirnschmalz gefragt, das man für handfeste Rätsel einsetzen muss. Man analysiert Gemälde, historische Dokumente, Landkarten und die „Schattenjäger-Datenbank“, um mit gefundenen Querverweisen und weiteren Puzzleteilen das große Ganze zu erkennen. Insbesondere die Datenbank birgt eine der größeren Herausforderungen des Spiels, da man in vielen Fällen selber auf die richtigen Suchbegriffe kommen muss (und händisch eingibt), um nur im Ansatz an die richtigen Infos zu gelangen. Wer hier mit einem Walkthrough auf dem Schoß durchmarschiert, bringt sich nicht nur um den Rätselspaß. Er zerstört auch die Atmosphäre, die durch diese Abschnitte erzeugt wird.

Glücklicherweise kann man bei Gabriel Knight 3 keine Fehler machen (außer beim großen Showdown), was viel Platz für Ausprobieren lässt. Darüber hinaus ist das Spiel in chronologisch Tages- und Nachtabschnitte unterteilt, in denen man bestimmte Aufgaben lösen muss, um in den nächsten Abschnitt zu kommen. So behält man stets ein Gefühl für den eigenen Spielfortschritt und läuft nicht in die dramturgische Falle irgendwelche Details zu verpassen. Man kann zwar an die eine oder andere Fruststelle geraten, aber dank der vielen Kommentare der Protagonisten und NPCs findet man früher oder später immer die Lösung für das aktuelle Problem. Apropos Kommentare: Gabriel Knight 3 gehört zu den wenigen Spielen der 90er Jahre, das eine exzellente deutsche Synchronisation erhalten hat. Wortwitz, zur Nationalität passende Akzente und Charaktereigenschaften werden auf einem Niveau vermittelt, von dem sich so manches Spiel von heute noch eine große Scheibe abschneiden könnte. Am Rande sei noch erwähnt, dass das hochgelobte Dialogsystem von Mass Effect in etwas anderer Form bereits bei Gabriel Knight 3 eingesetzt wurde: Man wählt lediglich Themen aus, während man die genaue Formulierung erst mit dem entstehenden Dialog erfährt. Lediglich das Wertesystem existiert hier nicht.


Das stimmungsvolle Intro zu Gabriel Knight 3

Mehr als ein Geheimtipp

Grafisch bewegt sich das Spiel für damalige Verhältnisse und für das Genre auf recht hohem Niveau. Im Gegensatz zu den vielen Adventures im Comic- und Bitmapstil, greift Gabriel Knight 3 auf die Sheep-Engine zurück und bietet 3D Grafik, die jederzeit 360° Blickwinkel erlauben und generell ohne vorgerenderten oder vorgezeichneten Grafiken auskommt. Aus heutiger Sicht sind die Texturen bestenfalls verwaschen und die Figurenmodelle ziemlich kantig, doch lässt man sich auf den Stil und die altersbedingte Detailsarmut ein, wird man in diese Welt förmlich hineingezogen. Nicht umsonst wartet eine treue Fanbasis bis heute auf ein viertes Abenteuer, denn auch wenn „Blut der Heiligen, Blut der Verdammten“ ein Ende ohne nennenswerten Cliffhanger hat, bleiben ein paar Fragen offen, die man gerne beantwortet bekommen würde. Als Serie ist Gabriel Knight ohnehin ein Phänomen für sich, denn kaum einer anderen Serie ist es mit drei Teilen gelungen, eine konsequente Weiterentwicklung der Technik und der Charaktere zu schaffen und mit dem bislang letzten Teil einen entsprechenden Höhepunkt zu schaffen. Man kann Teil 3 problemlos ohne Vorkenntnisse spielen, doch zünden ein paar Insidergags erst, wenn man alle Episoden gespielt hat. Wer also noch nie ein Gabriel Knight auf dem Schirm hatte und Lust auf eine spannende Geschichte mit Verschwörungstheorien, gruseligen Momenten und Humor hat, sollte das bald nachholen. Es lohnt sich!


Mrz 23

Eternal Sonata – Spiele ohne Verfallsdatum


Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Eigentlich gehört dieses Spiel noch nicht in diese Kategorie, da es für die noch aktuelle Konsolengeneration Xbox 360 und PS3 erschienen ist. Da ich aber noch immer mit Mass Effect 3 beschäftigt bin und ich langsam ein schlechtes Gewissen bekomme, habe ich mal in meinem redaktionellen Archiv gewühlt und dieses Rezension von 2007 herausgezogen. Sie bezieht sich auf die damals noch exklusive Version für die 360, hat aber ansonsten noch 100% Bestand.

DER Chopin? WTF!

Der berühmte Komponist Chopin liegt von Arzt und Angehörigen umgeben auf seinem Sterbebett. Der letzte Anfall ist abgeebbt und sein ruhiges Atmen lässt auf einen tiefen Schlaf und einen schönen Traum hindeuten. Während die Anwesenden den baldigen Tod befürchten, taucht Chopins Bewusstsein in eine Welt ab, die er anfangs als Produkt seiner Fantasie deutet, sich aber bald als weitaus realer herausstellt, als er vermuten könnte. Er trifft das Mädchen Polka, die gerade auf dem Weg zu ihrem Landsherrn ist, um sich über die herrschenden, schlechten Lebensbedingungen zu beschweren. Ihre unheilbare Krankheit, die sie zwar mit magischen Kräften versieht, aber auch ihren sicheren Tod bedeutet, verbindet sie mit Chopin, und beide beschließen die Reise gemeinsam anzutreten. Sie ahnen nicht, dass sie schon bald Spielball eines skrupellosen, mit Kriegsvorbereitungen und Intrigen beschäftigen Despoten sein werden und ihr Weg durch viele Kämpfe an der Seite neuer Freunde geprägt sein wird.

Rundenbasierte Echtzeitkämpfe

Abseits dieser Geschichte gibt es für den Spieler einiges zu tun. Man übernimmt die Kontrolle über die anfänglich kleine Gruppe und steuert sie traditionell durch Städte, Landschaften und Dungeons. Während den Städten Handel, Ruhepausen und Konversation vorbehalten sind, findet außerhalb der Siedlungen der Kampf mit verschiedenen Monstern und menschlichen Gegnern statt. Dabei hat man die Möglichkeit den stets sichtbaren Monstern und Bösewichtern aus dem Weg zu gehen oder sie bewusst anzusteuern. Die eigene Position zum Gegner entscheidet dabei über die taktische Ausgangslage. Fällt man dem Ahnungslosen in den Rücken, kann man entscheidende Treffer landen, bevor es zu einem Gegenmanöver kommt, steht aber selber schutzlos da, sollte jemand von hinten in die Gruppe hineinstürmen. Bei einer Frontalauseinandersetzung kommt es zum chancengleichen Schlagabtausch. Die nun folgende Auseinandersetzung findet als rundenbasierter Echtzeitkampf in einer eigenen Arenenansicht statt – als besonderes Feature können bis zu drei Spieler mit ihren Pads am Kampf teilnehmen und je einen der Kämpfer steuern. Jeder Akteur, egal ob alleine oder mit Freunden, hat reihum eine gewisse Zeitspanne, um seine Aktionen zu platzieren, während der Rest zur Passivität verdonnert ist. Wie von JRPGs gewohnt kann man während dieser Aktionszeit Items verwenden, laufen, aus der Ferne angreifen, direkt auf den Gegner einschlagen oder Zauber sowie Spezialattacken wirken. Diese individuellen Fähigkeiten sind jederzeit unbegrenzt einsetzbar, da Eternal Sonata auf den Einsatz eines Magiepunkte-Systems verzichtet. Damit aber der Kampf nicht ausschließlich aus diesen Moves besteht, ist die Stärke durch Aktionspunkte limitiert. Die Punkte werden während des Kampfes durch Einzeltreffer gesammelt und verbrauchen sich beim Einsatz gänzlich, um anschließend durch weitere Treffer wieder angehäuft zu werden. Darüber hinaus sind Fähigkeiten an Licht und Schatten gebunden. Steht der Kämpfer in der Sonne oder im Schein einer Fackel stehen ausschließlich die Lichtfähigkeiten zur Verfügung. Befindet er sich dagegen im Dunkeln oder im Schatten eines Objekts können nur die Schattenfähigkeiten ausgespielt werden. So kompliziert dieses System jetzt auch klingt, so intuitiv setzt man es schon nach wenigen Kampfrunden ein. Des Weiteren entwickelt sich das Kampfsystem im weiteren Spielverlauf in Form von steigenden Gruppenlevels weiter. Hat man auf Level 1 noch 5 Sekunden Bedenkzeit und eine Aktionszeit, die sich nur durch die Nettozeit der Bewegungen reduziert, bekommt man bei höheren Levels immer weniger Zeit zugestanden, erhält dafür aber Boni, wie die Chance auf Abwehr und Gegenangriff oder beweglichere Charaktere. Der Kampfscreen bietet so auch in den letzten Spielstunden immer wieder neue Optionen und erhält sich auf diese Weise eine gewisse Dynamik.

Für individuelle Einstellungen und ergänzende Ausrüstungen steht die übersichtliche Charakterverwaltung zur Verfügung. Hier gewinnt man den Überblick über gesammelte Heilpulver, Zustand verändernde Gegenstände, Waffen, Kleidung und natürlich über die einzelnen Gruppenmitglieder. Jeder Figur steht Platz für jeweils eine anlegbare Waffe, ein Kleidungsstück, zwei Talismane und anfangs je eine Spezialattacke für Licht und Schatten zur Verfügung. Die Verwaltung geht wie das Kampfsystem locker aus dem Handgelenk, ist sehr einsteigerfreundlich und verlangt keinen Blick in das Handbuch.

Bunte Welt und viel Musik

Da Chopin die eigentliche Hauptfigur von „Eternal Sonata“ ist, zieht sich das Thema Musik wie ein roter Faden durch das Spiel. Man trifft auf Charaktere namens Beat, Crescendo oder Salsa, betritt eine Stadt namens Barock oder überquert den Fluss Medley. Da liegt es nahe auch eine spielumspannende Quest abseits der Handlung zu verfolgen, die in der Suche nach Partituren besteht. Mit dem wachsenden Archiv kann man kleine Jam-Sessions mit verschiedenen Passanten einlegen. Dabei gilt es zum Stück des Partners die passende Partitur erklingen zu lassen. Bei perfekter Harmonie erhält man einen entsprechend seltenen oder nützlichen Gegenstand, für gute und halbwegs befriedigende Stücke gibt es immerhin noch kleine Belohnungen, während offensichtliche Katzenmusik nur mit Häme gestraft wird. Um den (musikalischen Halb)Kreis zu schließen werden vereinzelte Kapitelabschnitte mit einem Klavierstück aus Chopins Feder verbunden, welches zur bisherigen Geschichte oder auf die folgenden Ereignisse passt. Zur Musik erfährt man durch Texteinblendung biografische Eckdaten Chopins, die für die Entstehung des jeweiligen Stücks prägend waren. Diese Zäsuren liefern keine spielrelevanten Informationen und können auch jederzeit abgebrochen werden, aber die Brücke zwischen dem fiktiven und dem realen Chopin unterstreicht die Tatsache, dass man sich nach wie vor im letzten Traum des Künstlers befindet, der in einer anderen Welt im Sterben liegt.

Egal, ob in dieser oder in jener Welt: „Eternal Sonata“ ist farbenfroh, detailverliebt und optisch abwechslungsreich. Mit einer Mischung aus Polygonmodellen und Cellshading, die vor allem bei den Charakteren für Plastizität sorgt, präsentiert man eine dreidimensionale Welt, die man so noch nicht live berechnet in einem Rollenspiel gesehen hat. Fotorealismus sucht man zwar vergebens, doch da sich die einzelnen Elemente so harmonisch zusammenfügen, vermisst man ihn auch nicht. So ist es auch zu verschmerzen, dass den Charakteren keine optischen Veränderungen bei neuen Ausrüstungsgegenständen gegönnt werden. Bei aller Schönheit werden allerdings auch massive Grenzen gesetzt. Auf der Oberwelt stößt man immer wieder auf unsichtbare Barrieren, die auch im weiteren Spielverlauf nicht aufgehoben werden. Trotz der enormen Weitsicht, die sich in erster Linie auf den Ebenen bietet, kann man die meisten sichtbaren Areale nicht betreten. Die Storyline wird mit ausgiebigen Cutscenes erzählt, ohne auf vorgerenderte Sequenzen zurückgreifen zu müssen. Diese können zwar auch mal so lange dauern, dass sich der Wireless Controller abschaltet, sind weitestgehend unspektakulär, werden dabei aber auch nie langweilig. Die Geschichte plätschert vor sich hin, baut eine schöne Beziehung zwischen Spieler und Figuren auf, hat die ein oder andere lustige Einlage parat und entwickelt sich auch kontinuierlich weiter, aber es kommt nie zu einem richtigen Höhepunkt. Die Antriebsfeder „Eternal Sonata“ weiterzuspielen besteht in den liebenswerten Charakteren, deren Beziehung zueinander wichtiger als die eigentliche Handlung ist.

Wie nicht anders zu erwarten steht die Klangwelt eines von Musik dominierten Spiels der Grafik in nichts nach. Musikalisch gibt es natürlich klassische, von Klavier und Violine bestimmte Töne, die in „ohrwurmige“ orchestrale Stücke gipfeln. Einige Themen sind direkt von Chopins Originalen inspiriert, aber auch die neu komponierte Musik passt immer zur jeweiligen Situation: Ein Fagott wabert bedrohlich, während man durch eine vor Hitze flimmernden Lavahöhle läuft, verspielte Flöten und Violinen untermalen den friedlichen Wald und auf See ertönt ein Schifferklavier. Hier zeichnet Motoi Sakuraba verantwortlich, der auch die Musik für „Baten Kaitos”, “Star Ocean” und “Tales of Symphonia” komponierte. Dieser Klangteppich wird durch gut dosierte Umgebungs- und Kampfgeräusche ergänzt. In gut abgemischtem Digitalsound ertönt noch von links der Freudenruf eines Kämpfers, während ihr mit dem nächsten bereits das Breitschwert auf dem Gegner klirren lasst. Im Wald ertönt hinter euch ein singender Vogel, während es irgendwo vor euch im Unterholz raschelt. In eine solche Atmosphäre taucht man gerne ein. Bei der Synchronisation stehen das japanische Original und die internationale, englische Variante zur Auswahl. Da in beiden Fällen sehr gute, deutsche Untertitel aktiviert werden können, sollte man sich für die japanische Variante entscheiden. Die Sprecher legen eine größere Begeisterung in die Charaktere, die letztlich auch besser zum Setting passt.

Kaufempfehlung

Mit „Eternal Sonata“ liefert NAMCO BANDAI ein sehr schönes Rollenspiel ab, das vor allem mit seinem harmonischen Setting punkten kann. Der Mix aus Echtzeit und rundenbasiertem Kampf ist gut gelungen, auch wenn er durch seine Einsteigerfreundlichkeit etwas Tiefe vermissen lässt. Ein weiteres Manko für Genrefans ist die streng lineare Story. Es gibt keine nennenswerten Sidesquests und eine Spielzeit von ca. 30 Stunden inklusiver aller Cutscenes fällt verhältnismäßig mager aus. Es gibt zwar kurz vor Ende des Spiels ein Dungeon, an dem nicht nur das „gute Ende“ hängt und das weitere Stunden auf die Spielzeit packt, aber dieses kann zum einen leicht verpasst werden und ist zum anderen nichts anderes als ein langer Schlauch über unzählige Ebenen, in denen man starke Gegner ausräumen muss. Den Vergleich mit den Großen des Genres muss man dennoch nicht scheuen. Die Charaktere sind liebenswert, die Geschichte ist schlicht, aber trotzdem gut genug, um den Spieler bei der Stange zu halten, während die Atmosphäre einfach traumhaft ist. Auch wenn es Chopins Traum nicht zum absoluten Toptitel geschafft hat, erteile ich eine absolute Kaufempfehlung an alle, die endlich mal wieder ein schönes RPG spielen wollen oder die sich bislang nicht an dieses Genre herangewagt haben. Einlegen, einschalten und genießen.


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