Da sich jetzt der Anschlag auf die Twin Towers zum zehnten mal jährt und man medial geradezu erschlagen wird, muss ich heute auch mal einen kleinen Beitrag zu diesem Thema leisten. Inspiriert durch einen Radiobeitrag habe ich mir mal angeschaut, welche Songs nach dem elften September im amerikanischen Radio nicht mehr gespielt werden durften. Ja, in den USA wurde das Radio von 165 Liedern befreit, die nach den Anschlägen als emotional aufwühlend oder schlicht unamerikanisch eingestuft wurden. Diese „inoffizielle“ Liste nennt sich 2001 Clear Channel Memorandum und dafür, dass sie laut der „Clear Channel Corporation“, das weltweit größte Radionetzwerk, nicht existiert, haben sich sehr viele – um nicht zu sagen alle – Radiosender daran gehalten. Bei einigen Liedern kann ich eine gewisse gefühlte Pietätslosigkeit nachvollziehen, aber einige Verbote wirken heute doch eher unfreiwillig komisch und beweisen die nationale Hysterie, die die USA fest im Griff hatte.
Die Pietätslosen
In dieser ersten Kategorie stufe ich die Lieder ein, die inhaltlich rein gar nichts mit Krieg, Terror oder ähnlichem zu tun haben, aber wegen ihres Titels bzw. des Refrains anstößig waren und so auf diese ominöse Liste geraten sind. Gibt es eine andere Erklärung, warum Smooth Criminal nicht mehr gespielt werden durfte? Der „geschmeidige Kriminelle“ kann für sich alleine natürlich als Synonym für einen der Terroristen stehen, der unerkannt an Bord gelangte, aber im Song geht es dann doch nur um einen Einbrecher, der die arme Annie niederschlägt. Weitere Beispiele wären Hit Me With Your Best Shot von Pat Benatar, Jump von Van Halen oder Learn To Fly von den Foo Fighters. Den jeweiligen Zusammenhang kann sich wohl jeder selber zusammenreimen.
Die Unpatriotischen
Erstaunlicherweise hat es hier Songs getroffen, die im Allgemeinen als Hymnen für den Frieden gelten oder einfach als Anti-Kriegs-Songs berühmt geworden sind. Das Bekannteste ist ganz sicher „Blowin‘ In The Wind“ von Bob Dylan. Der meist gecoverte Song der Musikgeschichte wurde in seiner verbreitetsten Interpretation von „Peter, Paul and Mary“ auf die schwarze Liste gesetzt. Erstaunlicherweise gehörte dieser Song aber auch zu den Liedern, die immer wieder bei national ausgestrahlten Gedenkfeiern gespielt wurden – TV wirkt eben anders als Radio. Aber auch Imagine von John Lennon – die Friedenshymne schlechthin – kam auf den Index. Es galt offensichtlich als unpatriotisch von einer Welt ohne Nationen, ohne Religionen und ohne Besitztümer zu träumen. Auch Hey Joe von Jimmy Hendrix, einer der bekanntesten Anti-Vietnam-Songs, wurde vom Radiobann getroffen. Wollte man die Amerikaner lieber in Kampfesstimmung bringen, anstatt sie über Utopien und Kriegskritik zum Denken und Reflektieren zu motivieren?
Die Interpretationsfähigen
Hier wird’s wirklich unfreiwillig lustig. Manche Lieder haben es offensichtlich auf die Liste geschafft, weil zumindest einzelne Verfasser wirklich paranoisch geworden sind. Überlegen wir mal, warum der fröhliche Klassiker Ob-La-Di, Ob-La-Da der Beatles nicht mehr gesendet werden durfte. 3-2-1, die Zeit ist um. Der angebliche Grund war die mögliche Assoziation mit Osama bin Laden. Häh? Jepp, man war der Meinnung, man könne aus den zwei Fantasiewörtern über Silben und Initialen den Namen des Terrorkopfes bilden oder zumindest ahnen. Dazu muss man eigentlich weiter nichts mehr sagen. Walk Like An Egyptian von den Bangles und Rock The Casbah hat es in dieser Kategorie gleich mit erwischt. Lieder, die muslimische Orte oder Nationen besingen oder nur erwähnen, waren raus.
Ich will die Anschläge wirklich nicht runterspielen und mir ist auch klar, dass eine Nation in einer solchen Situation, gerade die USA, zwangsläufig überreagiert, aber dieses 2001 Clear Channel Memorandum zeigt, dass viele Aktionen und Reaktionen durchaus einer Paranoia und auch Machtlosigkeit geschuldet sind. Ich bin mir aber auch sicher, dass die meisten Sender zumindest Titel wie Stairway To Heaven, Highway To Hell und Great Balls Of Fire ohnehin bis auf weiteres nicht gespielt hätten. Schließlich wurde auch in Deutschland nach dem großen Tsunami in Thailand Die perfekte Welle aus dem Programm genommen. Ob das sinnvoll war oder nicht, will ich hier gar nicht beurteilen. Es ist eben keine Wonderful World, was übrigens auch auf dem Index landete.
Freddie Mercury – Wenn man Geburtstag und Todestag verwechselt
Kommentare sind ausdrücklich erwünscht!

Es ist wohl mit das Peinlichste, was einem ewigen Queenfan passieren kann. Ich sehe heute Morgen das geniale Google Doodle mit Freddie Mercury, lasse Don’t Stop Me Now laufen und denke spontan „Scheisse, ist der Todestag schon 20 Jahre her!“. OK, heute wäre sein 65ster Geburtstag, aber wer schaut bei toten Celebrities schon so genau hin? Da ist es ja auch nicht weiter schlimm, dass ich munter Tweets zum Todesjubiläum, die ich mittlerweile wieder gelöscht habe, verschickt habe. Paaaaeinlich!
Zu meiner Ehrenrettung sei aber gesagt, dass Freddie tatsächlich 1991 gestorben ist, nur eben am 24. November. An diesen Tag kann ich mich noch viel zu gut erinnern. Ich bekam Streit mit einem Klassenkameraden, weil er sich als bekennender Queenhasser über den AIDS-Tod lustig machte und eine ausschließlich Death Metal hörende Klassenkameradin stand mir zur Seite und hat extrem treffend erklärt, dass Freddie eine der bedeutensten Musiker unserer Zeit war und man das auch ohne die Musik besonders zu mögen honorieren kann und tolerieren muss. Ich erinnere mich auch an die beschissene Kunst-Hausarbeit, für die ich zwei Tage später irgendwie doch noch ne Drei bekommen hab und die ich einen Tag zuvor mit ausschließlicher Queen-Berieselung zusammengeschustert habe. Und im Radio lief ständig The Show Must Go On, das erst drei Wochen später als Singleauskopplung erschien. Dass Freddie mit diesem Song sein eigenes Requiem geschrieben hat wurde mir erst an diesem Tag schlagartig bewusst und auch wenn es das beste Lied auf Innuendo ist, habe seit diesem Tag immer einen Kloß im Hals, wenn ich es höre.
In diesem Sinne werde ich heute mal wieder einen Queen-Tag einlegen, das Wembley Konzert von 1986 auf youtube schauen, bedauern, dass ich es nie auf ein Konzert geschafft habe und das Leben eines Freddie Mercury feiern und seinen Tod auch ohne Jahrestag bedauern.
Vergangenen Samstag hat es einen Musik- und Gamesfreak und zwei weitere Menschen, die den ersten dankenswert tolerieren, in die Kölner Philhatmonie verschlagen. Ein Freak wäre allerdings eine starke Untertreibung, denn das Konzert Symphonic Odysseys – A Tribute To Nobuo Uematsu war sowohl nachmittags als auch abends ausverkauft. Und so sah es da auch aus. Hunderte von Fans mit Covern von Final Fantasy Spielen, Soundtracks und Figuren füllten das Foyer, alle mit der leisen Hoffnung ein Autogramm vom „Meister“ persönlich zu ergattern. Ich bin natürlich wieder mal leer ausgegangen, aber das war nur ein kleiner Wermutstropfen an diesem Tag. Dank der vielen Gleichgesinnten, die vereinzelt sogar in dezenter Kostümierung erschienen, hatte man mehr das Gefühl auf einer Convention, als auf einem „klassischen“ Konzert zu sein.

Nobuo Uematsu 2011 in Köln
Mehr als Final Fantasy
Unter der Leitung von Arnold Roth, der seines Zeichens wohl erfahrenste Dirigent und Arrangeur für Videospielmusik, hat uns das WDR Rundfunkorchester samt Chor fast 2 1/2 Stunden auf eine Reise durch die besten japanischen Rollenspiele genommen, an denen Uematsu mitgewirkt hat. Bei jedem Stück handelte es sich um eine Welturaufführung, da das gesamte Konzert neu arrangiert wurde. Das Resultat war über jeden Zweifel erhaben! Als Einstieg gab es direkt ein Medley von Final Fantasy 1-6, welches von Benyamin Nuss am Klavier „angeführt“ wurde. Spätestens beim Liebesthema aus der Opernszene von FF6 hatte ich schon meine erste Gänsehaut. Es folgten Stücke aus Kings Knight, Chrono Trigger und Final Fantasy Legends, um dann die erste Hälfte mit A Floating Dream aus Final Fantasy 10 abzuschließen.
Die gesamte erste Hälfte der „Symphonic Odysseys“
Pause, die natürlich mit großen Beifall für Uematsu begann, während er den Saal verließ, und mit gleichem Applaus endete, als er wieder hineinkam. Ihm war es nicht unangenehm, auch wenn man ihm ansah, dass er wenigstens einmal gerne einen Raum betreten hätte, ohne dass der Geräuchpegel um 120 dB ansteigt.
Die zweite Hälfte begann unspektakulär mit The Last Story und deckte das akutelle MMO FF14 und das designtechnisch etwas seltsame Spiel Blue Dragon ab. Das große Finale bildete das 20minütiges Medley von Lost Odyssey, das den Fokus leider etwas zu sehr auf die Battlethemes setzte und die gefühlvollen, ruhigen Stücke, die mich beim Spielen mehrfach zum Heulen brachten, weitestgehend außen vorließ. Nichts desto trotz war dies ein würdige Huldigung eines großen Spiels und eines noch größeren Soundtracks.
Nicht ohne Zanarkand
Wie nicht anders zu erwarten waren die Ovationen so gewaltig, dass es natürlich zu zwei Zugaben kommen musste. Jetzt halten wir mal kurz inne und überlegen, welche zwei Spiele und welche Stücke daraus auf einem solchen Konzert nicht fehlen dürfen. Wir spielen jetzt etwas Jeopardymusik ein (ja, sie ist jetzt in deinem Kopf) und… genau! Ohne „To Zanarkand“ aus Final Fantasy 10 und ohne „One Winged Angel“ aus Final Fantasy 7 kann man ein solches Konzert nicht beenden. Auch hier wurden nicht einfach die bekannten Kompositionen abgespult, sondern wunderbar neu interpretiert. „One Winged Angel“ als letzte Zugabe wurde beispielsweise in ein großes „Final Fantasy 7 Battlethemes Medley“ eingebaut. Als dann die peitschenden Streicher einsetzten, konnte sich das Publikums auch nicht mehr zurückhalten und ist in spontanen Jubel ausgebrochen (wie ich auf dem Video sehe, waren wir am Nachmittag allerdings lauter). Wem will man es übel nehmen? Es war einfach zu geil. Und wer es nicht glaubt, kann sich gerne die Aufzeichnung vom Abendkonzert ansehen (es geht bei 2:41 min los):
Battle Themes from Final Fantasy VII
Das Konzert selber war für die Fans natürlich bombastisch, aber ich habe mir versichern lassen, dass selbst die Leute, die nicht zu der spielenden Zunft gehören, ihren Spaß hatten, auch wenn eine begleitende Mutter nur „Grüne Wiesen“ und „Berglandschaften“ vor Augen hatte 😉
Auch für zu Hause
Das WDR Rundfunkorchester hat dies nicht zum ersten Mal gemacht. Es gibt mittlerweile eine CD namens Symphonic Fantasies, auf der zwar nicht die Musik dieses Konzerts, aber doch vieles aus der gleichen Ecke zu hören ist. Absolut empfehlenswert, vor allem weil der Download zur Zeit nur 4,89 Euro kostet! Und wer es lieber ruhiger mag, kann sich die Pianointerpretationen von Benyamiin Nuss besorgen: Benyamin Nuss Plays Uematsu.